Paris – Es dauert am Montag nicht lange, da färben die Flammen, die aus der Kathedrale schlagen, den Himmel über der Seine glutrot. Bald brennt der gesamte Dachbereich. Der 96 Meter hohe hölzerne Vierungsturm aus dem 13. Jahrhundert stürzt ein.
Nach einem ersten Alarm um 18.20 Uhr war zunächst kein Brandherd gefunden worden, doch bald nimmt der Akt der Zerstörung seinen Lauf. Gegen 21 Uhr heißt es zum ersten Mal, das Großfeuer sei leidlich eingegrenzt. Diese Einschätzung ist verfrüht. Minuten später machen plötzlich Gerüchte die Runde, der Nordturm der Fassade habe Feuer gefangen. Selbst wenn sich dies letztlich nicht bestätigt: Die Live-Bilder halten die Betrachter in aller Welt weiterhin in Atem. 400 Einsatzkräfte sind im Einsatz. Rund um Chorgestühl und Hauptaltar, das liturgische Herz der Kathedrale, brennt es lichterloh.
Wie hochdramatisch die Löschaktion tatsächlich verläuft, lässt sich am Tag nach der Katastrophe an der Einschätzung von Innenstaatssekretär Laurent Nuñez ablesen. Die Rettung der Kathedrale habe sich am Montagabend „innerhalb einer Viertelstunde, einer halben Stunde“ entschieden. Die gesamte Nacht über kämpft die Feuerwehr gegen die Flammen, gestern Vormittag kurz vor zehn Uhr sind sie dann vollständig gelöscht.
Zwei Drittel des Dachs und ein Spitzturm sind zerstört worden. Dennoch gibt Nuñez teilweise Entwarnung: „Im Ganzen hält die Struktur stand.“ Während der Rettung hatte die Einsatzleitung über Stunden hinweg keine derart beruhigenden Meldungen verbreiten können. Bis Mitternacht werde sich das Schicksal der Kathedrale entscheiden. Man könne nicht garantieren, ob die Kirche als Ganze zu retten sei. Experten erläuterten: Im Herzen des Brandes herrschten Temperaturen bis 1000 Grad. Das setze dem Mauerwerk extrem zu. Gelinge es nicht, zeitig nah genug an das Zentrum heranzukommen, müsse man das Gebäude womöglich aufgeben, um nicht das Leben der Rettungskräfte durch Einsturzgefahr zu riskieren.
Gegen elf Uhr dann die entscheidende Nachricht des Einsatzleiters: Der Einsturz sei abgewendet, die Türme gerettet. Man sei optimistisch, die Kirche halten zu können. Für seine Leute beginne nun die gefährlichste Mission: sich dem Brandherd von hinten zu nähern, um möglichst viel aus dieser Stadtkammer Frankreichs zu retten. Tatsächlich wird bald ein erster Feuerwehrmann verletzt, getroffen von einem Regen geschmolzenen Bleis.
Die Brandursache ist noch unklar, allerdings deute „nichts auf eine vorsätzliche Tat hin“, wie ein Staatsanwalt sagt. Der Brand könne im Zusammenhang mit Restaurierungsarbeiten am Dach stehen, wo Baugerüste installiert waren. Der Chef des betreffenden Gerüstbauers weist umgehend darauf hin, alle Sicherheitsvorschriften eingehalten zu haben.
Ein vielbeachteter Vorschlag zur Bekämpfung des Feuers kommt am Montag von jenseits des Atlantiks. Donald Trump empfiehlt den Einsatz von Löschflugzeugen, um große Mengen Wasser abzuwerfen. Die Reaktion der Fachleute fällt eindeutig aus. Als „absoluten Humbug“ bezeichnet der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hartmut Ziebs, die Idee. „Das macht ja überhaupt keinen Sinn. Dann kommt es zum Gebäudeeinsturz, und dann hat man genau das Gegenteil von dem erreicht, was man will.“ kna/dpa/afpp