Paris – Zum Kirchenschatz von Notre-Dame de Paris gehört unter anderem die Dornenkrone, die Jesus am Kreuz getragen haben soll. Die Reliquie, im Mittelalter Ziel unzähliger Pilger, konnte von Feuerwehrleuten vor den Flammen gerettet werden. Sie war ursprünglich in der Pariser Sainte-Chapelle untergebracht. Seit 200 Jahren ist sie in Notre-Dame.
König Ludwig IX. kaufte die Dornenkrone im Jahr 1238 Kaiser Balduin II. ab, der damals über Konstantinopel herrschte. Für die Reliquie ließ der französische König die 1248 fertiggestellte Sainte-Chapelle errichten. Die Krone blieb bis zur Französischen Revolution dort, lagerte dann eine Zeit lang in der Bibliotheque Nationale und wurde unter Napoleon der Kathedrale Notre-Dame übergeben. Für die Aufbewahrung wurden damals neue kostbare Reliquiare angefertigt; eines im Auftrag von Napoleon, ein anderes aus juwelenbesetztem Bergkristall nach Entwürfen von Eugene Viollet-le-Duc. Auch der Waffenrock des heiligen Ludwig, der die Dornenkrone einst kaufte, konnte offenbar rechtzeitig geborgen werden, ebenso wie ein Nagel und ein Splitter, die vom Kreuz Jesu Christi stammen sollen.
Über die weltberühmten bunten Rosenfenster von Notre-Dame gab es erst widersprüchliche Informationen. Kulturminister Franck Riester erklärte dann, die drei Rosenfenster hätten wohl „keinen katastrophalen Schaden“ erlitten. Die jahrhundertealten Fenster versinnbildlichen die Blumen des Paradieses. Sie wurden im 13. Jahrhundert erschaffen. Zwei der Rosenfenster haben einen Durchmesser von 13 Metern. In der Mitte der drei Glasfenster sind jeweils die Jungfrau Maria, das Jesuskind und Christus abgebildet. Keine gesicherten Angaben lagen über den Zustand der Orgeln vor. Die Hauptorgel auf der Westempore ist eine der bekanntesten der Welt.
Die großen Ölgemälde hätten eher einen Rauch- als einen Brandschaden erlitten, sagte Riester. „Sie können wohl von Freitag an aus Notre-Dame abtransportiert werden.“ Sie sollen ins Louvre-Museum zur Restaurierung. Wie Innen-Staatssekretär Laurent Nuñez betont, muss die stark zerstörte Kathedrale erst abgesichert werden, bevor der Kunst-Transport beginnen kann. Riester erwähnte explizit die „Mays“, großformatige Ölgemälde, die zwischen 1630 Und 1707 von der Zunft der Goldschmiede zu Ehren der Jungfrau Maria der Kathedrale geschenkt wurden. Von den insgesamt 76 Bildern hing zum Zeitpunkt des Brands ein gutes Dutzend in Seitenkapellen des Hauptschiffs.
Sicher überstanden haben den Brand 16 Kupferstatuen biblischer Figuren. Sie wurden bereits in der vergangenen Woche mit einem Kran vom Turm der Kirche geholt. Durch das Löschwasser leicht beschädigt wurden einige der teils meterhohen Ölgemälde.