Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit: Seit Jahrzehnten setzt sich der CDU-Politiker Volker Kauder für den Schutz von christlichen Minderheiten im Ausland ein. Der frühere Unionsfraktionschef im Bundestag bereist immer wieder Staaten, in denen Christen verfolgt werden. Mit einem Netzwerk von Parlamentariern aus aller Welt will Kauder im Oktober nach Asien reisen, um dort auf die Lage bedrohter Christen aufmerksam zu machen. Wir haben am Ostermontag mit dem 69-Jährigen gesprochen.
Eine tropische Insel, seit einem Jahrzehnt eigentlich friedlich – nun dieser furchtbare Angriff. War mit Attacken auf Christen in Sri Lanka zu rechnen?
Wir haben Informationen, dass die Regierung von Sri Lanka seit einigen Tagen Hinweise hatte, dass es an Ostern Angriffe auf christliche Kirchen geben könnte. Leider hat die Regierung den Christen zu wenig Schutz geboten.
Christen in Sri Lanka sind doppelt bedrängt. Nun durch – wohl – islamistische Terroristen; im Alltag auch durch religiös motivierten Nationalismus der buddhistischen Mehrheit. Wie heikel war die Lage?
Wir stellen überhaupt im asiatischen Raum nationalistische Entwicklungen fest. Auch in Indien, wo nationalistische Hindus die Christen massiv bedrängen. Darauf wollen wir stärker öffentlich aufmerksam machen. Was mich besonders bedrängt: Auch Buddhisten, die bei uns als besonders friedlich gelten, beteiligen sich an solchen Aktionen.
Wo in der Welt ist die Bedrohung für christliche Minderheiten am größten?
Es geht um Bedrohung, Verfolgung, bis hin zum Tod. Die Situation der Christen in Pakistan ist besonders dramatisch. Wir erleben zunehmend Unterdrückung in China. Auch in Indonesien werden die wenigen Christen hart verfolgt. Es sind jedes Mal die gleichen Grundmuster: Vorwürfe, die nationale Identität vertrage sich nicht mit dem Christsein; das Christentum wird als Attacke auf die eigene Religion betrachtet.
Sie sprachen China an. Kann deutsche Außenpolitik da etwas bewirken?
Ja, unbedingt! Wir gewinnen keinen Respekt, wenn wir uns vor diesem Thema wegducken. Die Chinesen, die mit aller Härte gegen Christen vorgehen, wollen trotzdem nicht in die Position eines Verfolgerstaates gebracht werden. Sie reagieren sehr sensibel, wenn man sie auf diese Fragen anspricht. Wir müssen auch Öffentlichkeit herstellen und zeigen, dass wir uns wehren.
Die Organisation „Open Doors“ spricht von der „größten Christenverfolgung aller Zeiten“. Ist das real – oder übertrieben?
„Open Doors“ erstellt seit vielen Jahren den „Verfolgungsindex“. Die wissenschaftlichen Kriterien sind stark verfeinert worden. Ja: Es findet eine große Verfolgung statt. Wir gehen davon aus, dass 100 bis 200 Millionen Christen in Bedrängnis sind.
Was raten Sie bedrohten christlichen Gemeinden? Sich zurückziehen, einigeln – oder den Glauben nun erst recht leben?
Es ist eine für mich immer wieder unglaubliche Erfahrung auf Reisen: Gerade in den Regionen, in denen Christen besonders unter Druck sind, ist ihre Glaubenskraft besonders groß. Ich denke hier an die Kopten in Ägypten oder die Christen im indischen Orissa. Sie bekennen sich zu ihrem Glauben, obwohl sie wissen, dass sie Probleme bekommen. In China erleben wir, dass viele Christen in den Untergrund gehen müssen. Trotzdem wächst die Zahl der Christen dort. Man muss als Europäer beschämt sein über die Glaubenskraft der Menschen, die besonders unter Druck sind.
Tragen Terrorakte von Radikalen weltweit zu einer religiösen Spaltung auch in unserem Land bei?
Das sehe ich noch nicht. Wenn ich mich für verfolgte Christen weltweit einsetze, weise ich immer darauf hin, dass wir das Land der Religionsfreiheit sein müssen. Das ist unsere Kultur, Teil unserer Identität. Wir müssen dazu beitragen, dass hier jeder seine Religion leben kann – frei, unter den bestehenden Gesetzen. Wir können für verfolgte Christen auf der Welt nur etwas ausrichten, wenn wir die Religionsfreiheit in unserem Land hochhalten.
Interview: Chr. Deutschländer