Webers Wahlkampfauftakt mit Paukenschlag

von Redaktion

Absage an Ostseepipeline Nord Stream: SPD wirft CSU-Politiker „energiepolitisches Irrlichtern“ vor

Berlin/Athen – Zum Auftakt des Europawahlkampfs hat der konservative Spitzenkandidat Manfred Weber mit seiner Ablehnung der Ostseepipeline Nord Stream 2 (wir berichteten) Irritationen ausgelöst. Die SPD warf ihm gestern „energiepolitisches Irrlichtern“ vor. „Wer Nord Stream 2 in Frage stellt, macht sich von amerikanischem Fracking-Gas abhängig oder will die Atomkraft wieder beleben“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig kritisierte die Äußerungen Webers: „Das liegt nicht im Interesse Mecklenburg-Vorpommerns und auch nicht im Interesse Deutschlands insgesamt“, sagte die SPD-Politikerin in Schwerin.

Die Bundesregierung bekräftigte ihre grundsätzlich zustimmende Position zu dem deutsch-russischen Projekt. Regierungssprecherin Ulrike Demmer verwies auf einen im Februar innerhalb der EU gefundenen Kompromiss, nach dem der Bau der 2400 Kilometer langen Pipeline unter gewissen Auflagen weitergeführt werden soll. Die Äußerungen Webers wollte Demmer nicht direkt kommentieren.

Der CSU-Politiker tritt bei der Europawahl vom 23. bis 26. Mai als Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei an, einer konservativen Parteienfamilie, zu der CDU und CSU gehören. Er will im Fall eines Wahlsiegs Präsident der EU-Kommission werden.

In einem am Dienstag veröffentlichten Interview der polnischen Zeitung „Polska Times“ hatte Weber gesagt, Nord Stream 2 sei nicht im Interesse der EU, weil es die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen erhöhe. Damit nahm er die Position der schärfsten Kritiker des deutsch-russischen Projekts ein, zu denen die USA und osteuropäische Staaten wie Polen zählen. „Als Chef der EU-Kommission werde ich alle Vorschriften anwenden, um Nord Stream 2 zu blockieren“, sagte Weber.

Die Bundesregierung stemmt sich trotz aller Kritik innerhalb der EU gegen einen Stopp der schon zu einem Viertel fertiggestellten Gasleitung. Befürworter argumentieren, die Pipeline sei wirtschaftlich notwendig, da die Eigenproduktion an Erdgas in Europa bis 2035 deutlich sinke, der Bedarf aber annähernd gleich bleibe.

Kritik an Weber kam auch aus dem eigenen Lager. „In diesem Stadium kann und darf dieses Infrastrukturprojekt nicht mehr in Frage gestellt werden“, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul . „Es ist eines der letzten großen Projekte, die wir im beiderseitigen Interesse mit Russland realisieren. Deshalb führte ein Stopp zu mehr Unsicherheit und nicht zu mehr Sicherheit.“

Weber hatte in Athen erstmals öffentlich sein Programm für den EU-Wahlkampf vorgestellt und dort auch klare Ansagen zu anderen Themen gemacht. „Die Türkei wird nie Mitglied der EU“, sagte er. Das bedeute zwar keinen Abbruch der Beziehungen mit der Türkei, aber: „Wir müssen ehrlich miteinander sein.“  mm/dpa

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