Paris – Zweiter Anlauf für den Präsidenten: Rund anderthalb Wochen nach der Brandkatastrophe von Notre-Dame will Emmanuel Macron den Franzosen neue Zugeständnisse präsentieren. Mit Spannung wurde in Frankreich die Pressekonferenz des Präsidenten gestern Abend erwartet, auf der er seine Reformen präsentieren wollte.
Im Gespräch sind eine Senkung der Einkommensteuer, eine Besserstellung von Beziehern niedriger Renten und die Abschaffung der Elitehochschule ENA (École Nationale d’Administration). Mit seinen Reformplänen will der Präsident das soziale Klima beruhigen. Seit November demonstrieren die „Gelbwesten“ in Frankreich.
Eigentlich wollte Macron die Pläne in einer TV-Ansprache am 15. April verkünden. Der einstige politische Senkrechtstarter sagte seine Ansprache aber wegen des Feuers in der weltberühmten Kathedrale Notre-Dame ab. Nun hat Macron für die Vorstellung seiner Pläne das Format geändert. Er verzichtet auf eine TV-Ansprache und gibt direkt eine Pressekonferenz. Es ist das erste Mal, dass sich der Präsident bei Fragen nationaler Angelegenheiten in dieser Form von Journalisten befragen lässt.
Beobachtern zufolge sollte die Pressekonferenz mindestens zwei Stunden dauern. Die Veranstaltung wurde von allen großen französischen TV- und Radiosendern übertragen, rund 300 Journalisten sollen sich Medienberichten zufolge angemeldet haben. „Es geht nicht darum, eine fünfstündige Bürgerdebatte wie in den letzten Wochen mit Bürgern und Bürgermeistern zu wiederholen“, zitierte die Zeitung „Le Parisien“ aus dem Umfeld des Präsidenten und nennt den Auftritt eine „Stunde der Wahrheit“.
Während der Bürgerdebatte hatte der 41-jährige Macron oft stundenlang in Turnhallen und Gemeindehallen mit Bürgermeistern, Schülern oder Verbandsvertretern diskutiert. Macron hatte diese „Nationale Debatte“ im Januar als Reaktion auf die Proteste der „Gelbwesten“ gestartet. Deren Protest richtet sich gegen die als zu niedrig empfundene Kaufkraft und gegen soziale Ungerechtigkeiten. Bei den Demonstrationen der Bewegung kam es immer wieder zu heftigen Ausschreitungen – vor allem in Paris. Ziel der „Nationalen Debatte“ war es, den Sorgen der Bürger Gehör zu verleihen. Wenige Wochen vor der Europawahl im Mai steht Macron unter Druck, denn die Partei seiner rechtspopulistischen Erzrivalin Marine Le Pen ist der Regierungspartei La République en Marche (LREM) in Umfragen dicht auf den Fersen.