Ägypten

Vermeintlich stabiles Pulverfass

von Redaktion

SEBASTIAN HORSCH

Armut, Überbevölkerung und eine vergiftete Umwelt: Ägypten strotzt nur so vor Problemen. Dennoch haben seine Bürger vergangene Woche mit großer Mehrheit dafür gestimmt, Präsident Fatah al-Sisi noch mehr Macht zu geben, und ihm ermöglicht, bis 2030 Präsident zu bleiben. Wie geht das nur zusammen?

Was paradox klingt, hat einfache Gründe. Zum einen hält Sisi sein Volk mit nackter Repression im Griff. Schon ein kritischer Facebook-Post kann zur Verhaftung führen. Dazu kommt die Umsturzmüdigkeit am Nil. Der arabische Frühling habe letztlich nichts bewirkt, sagen heute auch enttäuschte Ägypter, die 2011 noch selbst an den Protesten gegen die Regierung teilgenommen hatten. Zudem gibt es neben den extrem geschwächten Muslim-Brüdern derzeit auch keine ernsthafte politische Alternative zu Sisi. Und bevor sie den Islamisten zurück an die Macht verhelfen, ziehen viele den Despoten vor. Das gilt auch für das Ausland. Die EU und die USA mögen Sisis Methoden nicht gutheißen – dass er im sensiblen nordafrikanischen Raum für Stabilität sorgt und seine Grenzen dicht hält, kommt ihnen dennoch sehr gelegen.

All das spricht für Sisi. Und doch sollte er sich nicht zu sicher fühlen. Besonders die Perspektivlosigkeit der ägyptischen Jugend ist ein leicht entzündbares Gemisch. Und manchmal braucht’s nur einen Funken. So wie Ende 2010, als ein verzweifelter tunesischer Gemüsehändler sich auf offener Straße verbrannte. Der folgende arabische Frühling setzte die gesamte Region in Flammen.

Sebastian.Horsch@ovb.net

Artikel 1 von 11