Wieder Attentat auf eine Synagoge

von Redaktion

Eine Tote und drei Verletzte – 19-jähriger Täter bekennt sich zu Hass auf Juden und bewundert Amokläufer

Washington/San Diego – Ein Grenzschutzpolizist, der auch als Wachmann für die orthodoxe Chabad-Synagoge Poway bei San Diego (Kalifornien) arbeitete, gilt seit Samstag als Held, der womöglich Dutzende Menschenleben gerettet hat. Denn er stellte sich dem 19-jährigen John Earnest entgegen, der zuvor mit einem Schnellfeuer-Gewehr auf die rund 100 Menschen geschossen hatte, die sich in dem Gebäude zur Pessach-Feier versammelt hatten. Der Wachmann begann, in Richtung des Schützen zu feuern. Der trat daraufhin die Flucht an, konnte aber wenig später festgenommen werden.

So hielt sich die Zahl der Opfer – verglichen mit ähnlichen Anschlägen – noch in Grenzen. Eine 60-jährige Frau starb, als sie sich schützend vor den Rabbiner stellte, der an beiden Händen verwundet wurde. Ihr Mann, ein Arzt, versuchte noch, sie wiederzubeleben. Ebenso verletzt wurden ein achtjähriges Mädchen sowie ein 34-jähriger Synagogenbesucher, der Kinder in einem nahen Spielzimmer schützen wollte.

Der Täter, der in einem Online-Manifest seine Abscheu für Juden und Bewunderung für andere Amokschützen ausgedrückt hatte, schlug auf den Tag genau sechs Monate nach den Morden von Pittsburgh zu, bei denen ein Mann elf Synagogen-Besucher erschoss. Das jüngste Attentat fällt in eine Zeit, in der die Behörden landesweit einen klaren Anstieg an religiös motivierten Hassverbrechen verzeichnen. Rund 60 Prozent richten sich laut einer FBI-Statistik gegen Juden, knapp 20 Prozent gegen Muslime. „Diese Taten geschehen leider überall und nun auch bei uns,“ so der örtliche Sheriff Bill Gore, nachdem Beamte den Täter auf einer nahen Autobahn festnehmen konnten.

Der Todesschütze wählte selbst den Notruf und ergab sich mit erhobenen Händen. US-Präsident Donald Trump drückte den Angehörigen der toten Frau und den Verletzten sein Mitgefühl aus und sprach von einem „Hassverbrechen“. Das Ganze sei nur „schwer zu glauben“.

Der Gottesdienst an der Synagoge lief rund 20 Minuten, als der Täter am Samstag gegen 11.15 Uhr das Gebäude betrat. Er trug eine militärische Weste und ein Schnellfeuergewehr und stieß Augenzeugen zufolge Flüche gegen die jüdische Gemeinde aus. Als er schoss, warfen sich Erwachsene über Kinder, andere flohen nach draußen.

Zahlreiche Syngagogen und jüdische Gemeinden in den USA haben mittlerweile bewaffnete Hilfskräfte angeheuert, meist sind es Polizisten oder ehemalige Militärangehörige. Der Täter von Poway ist Berichten zufolge ein unbeschriebenes Blatt und soll keine Vorstrafen haben. In seinem „offenen Brief“ beschreibt er sich als „Mann europäischer Herkunft“, der alle Juden verabscheue. Sie verdienten „nichts als die Hölle“.

Gleichzeitig sah er sich offenbar vom Todesschützen von Pittsburgh und dem Amokläufer inspiriert, der im März in Christchurch (Neuseeland) 50 Moscheebesucher getötet hatte. Er sei ein Krankenpflege-Student, so schrieb er, der gerne Klavier spiele und mit seiner Tat belege, „dass jeder so etwas tun kann“. Er wollte die Tat live im Internet übertragen, doch dazu kam es dann nicht.

Earnest will seinem Schreiben zufolge auch eine Brandstiftung auf eine nahe Moschee verübt haben, bei der letzten Monat Sachschaden entstanden war. Ob es tatsächlich eine Verbindung zu dieser Tat gibt, wird geprüft. FRIEDEMANN DIEDERICHS

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