Es gab einmal eine Zeit, da erschien Kevin Kühnert als echter Hoffnungsträger für die ewig angestaubt wirkende deutsche Sozialdemokratie. Frech und eloquent, frisch und selbstbewusst. Dann begann der junge Mann, der seine Brötchen hauptberuflich als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Hinterbänklerin im Berliner Abgeordnetenhaus verdient, die Partei mit seiner Dauerpräsenz in Talkshows vor sich herzutreiben. Eine Zeit lang lief das ganz erfolgreich. Inzwischen aber ist der meinungsfreudige Juso-Chef dabei, sich mit ständig neuen Forderungen in Interviews ins Aus zu manövrieren.
In der „Zeit“ geht er nun endgültig zu weit: Seine blühenden Fantasien über eine Kollektivierung des bislang börsennotierten Automobilherstellers BMW oder ein Ende des privaten Immobilienbesitzes über selbst genutzten Wohnraum hinaus stellen Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft infrage, die unser Land 70 Jahre lang solide getragen haben. In seinem ewigen Drang, die verhasste GroKo zu beenden, macht Kühnert inzwischen der Linkspartei Konkurrenz. Die Grünen erscheinen da als Partei der Mitte. So kann man sich natürlich auch vom Selbstverständnis einer Volkspartei verabschieden.
Werden Kühnerts Fantasien Realität? Nein. Muss man seine Aussagen ernst nehmen? Ja. Denn sie rücken der Mediendemokratie mal wieder den Kopf zurecht, dass das Land nicht in Talkshows regiert wird. Und auch nicht von Jugendorganisationen der Parteien. Gott sei Dank.
Mike.Schier@ovb.net