Rentenpolitik

Streit auf dem Rücken der Ärmsten

von Redaktion

SEBASTIAN HORSCH

Während öffentlich der Eindruck vorherrscht, das Land gehe gerade an Altersarmut zugrunde, verkündet die Bundesregierung Jahr für Jahr saftige Rentenerhöhungen. Auch in diesem Sommer wartet ein Plus von über 3 Prozent. Und das ist nicht einmal ein Widerspruch. Denn Altersarmut ist tatsächlich eine Gefahr. Sie droht aber weit mehr Rentnern in der Zukunft als in der Gegenwart.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Auch heute schon gibt es natürlich Menschen, die alt und arm sind. Und gerade sie profitieren am wenigsten von den jährlichen Aufstockungen. Auch die Erhöhung des Rentenniveaus – also des Verhältnisses zu den Löhnen – hilft vor allem denen, die schon im Berufsleben gut verdient haben. Genau deshalb haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag auf die Einführung einer Grundrente geeinigt – für Menschen, die trotz 35 Jahren Arbeit nur geringe Rentenansprüche haben. Doch die Koalition hat sich im Streit um die Frage verheddert, ob diese Grundrente an eine Bedürftigkeitsprüfung gekoppelt sein soll, um zu garantieren, dass nur diejenigen Geld bekommen, die es auch brauchen. So war es eigentlich vereinbart. Nachdem die SPD aber das Wahlkampf-Potenzial des Themas erkannt hat, will sie davon nun nichts mehr wissen.

Das Ergebnis ist paradox. Auf ihrem neuen Linkskurs kämpfen die Sozialdemokraten dafür, auch vermögendere Senioren mit der Grundrente zu bedenken – und vertrösten deshalb viele fraglos Bedürftige. Immerhin: Kanzlerin Angela Merkel ist zuversichtlich, dass der Streit in einem Jahr gelöst sein wird. Immer vorausgesetzt, Union und SPD bilden dann noch gemeinsam die Regierung.

Sebastian.Horsch@ovb.net

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