Gao – Es ist wohl einer der gefährlichsten Kurztrips, die Angela Merkel je gemacht hat. Als die Kanzlerin und ihre Delegation am Donnerstag gegen Mittag pünktlich im modernen Truppentransporter des Typs A400M „Atlas“ vom Flughafen Ouagadougou in Burkina Faso abheben, laufen im Camp Castor im nordmalischen Gao die Aufklärungsmaßnahmen gegen mögliche feindliche Attacken aus dem Hinterhalt auf Hochtouren. In der Luft sucht eine Bundeswehrdrohne des Typs „Heron“ das Steppengebiet im Übergang zur Sahara ab, über dem das Flugzeug zum gut gesicherten Bundeswehr-Standort einfliegen soll.
Nur kein Risiko bei dem prominenten Besuch eingehen, ist die Devise der Soldaten. Hätte die Bundeswehr einen Hinweis auf eine unerwartete Bedrohung für die Kanzlerin erhalten, wäre der Truppenbesuch auch sehr kurzfristig noch abgesagt worden. Das Bundeskriminalamt, das für die Sicherheit der Kanzlerin verantwortlich ist, kennt keinen Spaß.
Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wird nach der Landung der Kanzlerin ein Stein vom Herzen gefallen sein. Merkel schwebt ohne Panne nach Gao ein. Wäre ihre Maschine etwa in Burkina Faso stehen geblieben, hätte das wohl den GAU für von der Leyen bedeutet. Auch der nagelneue Militärtransporter gilt nicht als pannenfrei, auch die Ministerin hatte schon Probleme mit dem Flieger.
Ganz zu schweigen von der gravierenden Panne mit dem Regierungs-Airbus „Konrad Adenauer“, wegen der Merkel im vergangenen Jahr nicht rechtzeitig beim G20-Gipfel in Argentinien erscheinen konnte. Diesmal ist sie auf ihrer dreitägigen Reise durch die Sahel-Krisenländer Burkina Faso, Mali und Niger im Schwesterflugzeug „Theodor Heuss“ unterwegs. Vorläufig noch ohne Panne.
Als die Kanzlerin pünktlich um 12.35 Uhr landet, glüht die Gegend bei einer Temperatur um die 50 Grad. Merkel trägt weiße Turnschuhe und wird auf dem Flugfeld vom deutschen Kontingentführer, Oberst Stefan Leonhard, und dem Gouverneur Sidiki Samaké begrüßt. Höflichkeiten werden ausgetauscht. Die Kanzlerin will vom Bürgermeister wissen, wie der Fischfang im Niger sei und ob es Krokodile gebe. Er sagt, Krokodile gebe es nicht, aber sehr viele Flusspferde. Leider habe sie nicht mehr Zeit für die Gegend mitgebracht, ist von der Kanzlerin zu hören.
Dann steigt Merkel wie die ganze Delegation in gepanzerte Fahrzeuge für die zehnminütige Strecke vom Flughafen ins Camp Castor. Von giftigen Schlangen, Skorpionen und gefährlichen Kamelspinnen erzählen die erfahrenen Soldaten auf dem Weg. In den nächsten zweieinhalb Stunden kann die Kanzlerin besichtigen, wie risikoreich die Stabilisierungsmission für die deutschen Soldaten ist. Insgesamt 15 000 Soldaten ist der UN-Stabilisierungseinsatz stark, die meisten der gut 850 Bundeswehrsoldaten tun ihren Dienst im staubig-heißen Gao.
Im Zelt, in dem Merkel dann zu gut 200 Soldaten spricht, wird sonst die Aufklärungsdrohne Heron gewartet. Die UN ist dankbar für die Einsätze – es fallen immer wieder Daten für Minusma ab, wenn die deutschen Soldaten die Sicherheit in der Gegend überwachen. Merkel spricht den Soldatinnen und Soldaten ihre Anerkennung für den gefährlichen Einsatz unter schwierigsten Bedingungen aus. Später bekennt sie, sie habe schon ein etwas schlechtes Gewissen, dass sie zuvor noch nie nach Gao gekommen sei.
Zufall oder nicht: Rechts neben ihr sitzt da gerade die junge Oberstabsveterinärin Jenny Steinbrück. Seit sechs Wochen erst tut die 34-Jährige Dienst im Camp Castor.
Gegen 15 Uhr verlässt Merkel das Camp der Deutschen in der UN-Mission wieder, es geht im A400M weiter nach Niamey, der Hauptstadt von Niger. Dort sagt sie dem Präsidenten Mahamadou Issoufou bei einem Treffen am Abend zusätzliche Finanzspritzen in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit und Entwicklung zu. Niger, sagt die Kanzlerin, habe der illegalen Migration in besonderer Weise den Kampf angesagt.