Der Machtkampf in Venezuela hat schon lange die innenpolitischen Grenzen des lateinamerikanischen Landes gesprengt. Spätestens mit dem giftigen Telefonat zwischen US-Außenminister Mike Pompeo und seinem russischen Gegenspieler Sergej Lawrow ist Venezuela auch offiziell zum Zankapfel der Großmächte geworden. Man fühlt sich an die Hochzeiten des Kalten Krieges erinnert.
Es ist der klassische Stellvertreterkonflikt: Hier der demokratische „Held“ Guaido, der mit großer Unterstützung des Volkes an die Macht strebt und von Washington unterstützt wird, dort der linksgerichtete „Schurke“ Maduro, der seine Herrschaft auf eine korrupte Elite und die Gewehre der Armee stützt und in Moskaus Augen neben Kuba einen weiteren Brückenkopf im Vorhof der USA regieren soll. Gemeinsame Militärmanöver sowie tonnenweise „Medikamenten“-Lieferungen in russischen Transportflugzeugen sind aktuelle Indizien für ein Vorgehen wie im Interventions-Lehrbuch. Davon versteht Moskau viel, wie zuletzt die Krim und die Ostukraine belegen.
Die Drohung der Trump-Regierung, militärisch in Venezuela einzugreifen, atmet allerdings ebenfalls den Geist längst überwunden geglaubter Zeiten. Politische Unterstützung eines demokratisch gewählten Mannes wie Guaido ist das eine. Eine Wiederbelebung der uralten Monroe-Doktrin („Amerika den Amerikanern“) und ein US-Einmarsch in Caracas wären ein weiterer Bruch mit jenen Werten, für die Amerika – trotz Trump – in den Augen vieler noch immer steht.
Alexander.Weber@ovb.net