Kühnert-Debatte schadet der SPD

von Redaktion

Juso-Chef Kevin Kühnert hat mit seinen Gedankenspielen zu Kollektivierungen von Konzernen wie BMW seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. In der jüngsten Forsa-Umfrage verliert die SPD zwei Prozentpunkte.

VON KLAUS RIMPEL

München/Berlin – Die Debatte um Kevin Kühnerts Sozialismus-Thesen kommt bei den Wählern nicht gut an. Drei Wochen vor der Europawahl verlieren die Sozialdemokraten laut Forsa-Umfrage zwei Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche und kommen nur noch auf 15 Prozent. Profiteur dieser Entwicklung sind die Unionsparteien, die sich um zwei Prozentpunkte auf 29 Prozent verbessern, so die Umfrage im Auftrag von RTL und ntv.

„Mit den Kollektivierungsforderungen von Kevin Kühnert und den eher verhaltenen Distanzierungen der SPD-Spitze von diesen Forderungen verprellt die SPD ein weiteres Mal die über elf Millionen früheren SPD-Wähler aus der politischen und gesellschaftlichen Mitte, die heute der SPD ihre Stimme nicht mehr geben wollen“, so die Analyse von Forsa-Chef Manfred Güllner. „Die SPD verkennt wieder einmal, dass sie mit Umverteilungsthemen und einem prononcierten Links-Kurs noch nie eine Wahl hat gewinnen können.“

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) stellte gegenüber unserer Zeitung klar, dass es seit langem keine Mehrheitsmeinung mehr in der SPD sei, dass Staatswirtschaft eine echte Alternative zur sozialen Marktwirtschaft sei. „Wenn man Kevin Kühnert ernst nehmen wollte, dann müsste man sich ganz fürchterlich über seine Äußerung aufregen. Wenn ich pädagogisch mit ihm umgehen wollte, würde ich ihm die Band Freiwillige Selbstkontrolle vorspielen: Die haben mal gesungen ,Wer mit 20 kein Kommunist gewesen ist, aus dem wird nie ein guter Demokrat’“.

Natürlich sei es das Privileg der Jugend, radikaler zu denken, sagte Maly. „Auf der anderen Seite trägt er als Juso-Bundesvorsitzender eine Verantwortung für die Gesamt-Partei – und da war es die falsche Diktion zum falschen Zeitpunkt, so kurz vor der Europawahl.“

Die Debatte über wild gewordenen Kapitalismus zu führen, sei nicht falsch, so Maly weiter. „Aber nicht gerade mit dem Beispiel BMW! Den wild gewordenen Kapitalismus würde ich eher bei den Googles, Ubers und Facebooks dieser Welt verankern, die man noch nicht einmal richtig besteuern kann.“

Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hält eine Debatte über die Vermögensverteilung in unserem Land für durchaus wichtig. „Gerade vor dem Hintergrund einer immer weiter auseinander gehenden Schere zwischen Arm und Reich, insbesondere auch in München“, sagte der SPD-Politiker. Doch mit seinen Äußerungen habe der Juso-Vorsitzende diesem Thema „einen Bärendienst erwiesen“: „Es ist für mich falsch, eine gesamtgesellschaftliche Diskussion an einem einzelnen Unternehmen festzumachen. Gerade BMW ist ein sozial verantwortungsvoll agierendes Unternehmen und ein guter Arbeitgeber für seine vielen Tausend Beschäftigten.“

Kühnert selbst bleibt trotz der Attacken auch aus Reihen der SPD bei seinen Thesen: „Ich glaube nicht, dass ich der SPD damit geschadet habe“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung Anne Will. Die Politik solle nicht jede Debatte immer nur nach dem parteitaktischen Vorteil ausrichten. „Das wird uns doch andauernd vorgeworfen, dass wir immer nur gieren auf die nächsten Umfragen, aber gar nicht die großen Fragen der Zeit diskutieren.“

Für die Union sind Kühnerts Äußerungen eine willkommene Vorlage im Europa-Wahlkampf. „Kühnert plaudert nur aus, was in manchen SPD-Hinterzimmern bereits jetzt gedacht wird“, sagte CSU-Chef Markus Söder. „Das ist keine Meinung eines verirrten und verwirrten Jungfunktionärs. Sondern das ist tatsächlich ein Sehnsuchtsgefühl, das dahintersteht, von Teilen der Linken der SPD.“ Der gemeinsame EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) warnte vor möglichen Linksbündnissen in Europa und im Bund.

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