München – Prinz Charles reagiert auf die politische Botschaft, wie es sich gehört, mit keinem einzigen Wort. Aber als die Übersetzerin ihm den Satz von Markus Söder ins Ohr flüstert, man wünsche sich so sehr, dass die Briten in der EU bleiben – da dreht sich Charles zum Ministerpräsidenten hin, ein Achselzucken und ein Seufzer. Auf diskrete Weise bringt der Kronprinz zum Ausdruck: Er sieht’s wohl genauso, kann aber die Entscheidungen seiner Politiker nicht revidieren.
Die Szene ereignete sich am Rande des Staatsbanketts in der noblen Münchner Residenz, geschildert von Augenzeugen neben Charles. Tatsächlich haben von den britischen Größen, die bis gestern in Bayern weilten, viele eine Brexit-Meinung, aber noch keiner eine Ahnung. Mit der royalen Delegation kam auch Theresa Mays konservativer Europaminister Sir Alan Duncan nach München. Er dürfte harte politische Aussagen fällen. Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) merkt nach einem einstündigen Gespräch mit Duncan allerdings an, er kenne nach wie vor weder „Pfad noch Prognose“. Duncan rechnet nicht mit einem zweiten Referendum, jedenfalls nicht vor möglichen Neuwahlen.
Umso eindeutiger positioniert sich Bayern mit Söder als Regierungs- und CSU-Chef mit der Aussage, die Briten sollten bleiben. Das war nicht als höfliche Floskel gedacht. Bayern schlägt damit einen anderen Weg ein als Teile der Bundesregierung. Wiederholt hatte die Staatsregierung Berlin und Brüssel davor gewarnt, den Brexit zu hart zu verhandeln. An den Briten ein Exempel zu statuieren, schade Bayerns Wirtschaft extrem, machte die Staatskanzlei schon im April 2017 deutlich. Vor allem Unternehmen wie BMW oder Airbus drohten gravierende Zoll-Nachteile. Söder äußert sich damit auch anders als der CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber, der die Briten aufgefordert hatte, auf die Teilnahme an der Europawahl schnell zu verzichten.
Söder forderte bisher stets, die Briten sollten endlich „sagen, was sie wirklich wollen“. Passiert ist das nicht. Der Ministerpräsident geht trotzdem den nächsten Schritt: Er plant eine eigene bayerische Vertretung in London. In der Hauptstadt soll ein bayerisches Büro eröffnet werden, verkündete er beim Treffen mit Prinz Charles.
Das britische Echo auf diesen Plan: explizit positiv. Das neue Büro soll die Kontakte von Wirtschaft und auch Wissenschaft halten. „Wir warten nicht, wie das mit dem Brexit weitergeht, wir machen das unabhängig davon schnellstmöglich“, sagt Staatskanzleichef Herrmann. Auch er betont als Grundlinie: „Wir haben keinen Groll, wir wollen keine Vergeltungsstrategie, sondern wollen das gute und wichtige Verhältnis zu den Briten für die Zukunft sichern.“
CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER