„Extremismus wird vielfach unterschätzt“

von Redaktion

Umstrittener Ex-Geheimdienstchef Maaßen warnt bei einem konservativen Zirkel vor „wohlintegrierten“ Islamisten

Berlin – Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen warnt vor einer wachsenden Einflussnahme islamistischer Bewegungen. Er habe in seiner früheren Funktion immer wieder den Eindruck gewonnen, dass die Erkenntnisse der Verfassungsschutzämter nicht mit „der notwendigen Sensibilität“ aufgenommen worden seien, sagte Maaßen, selbst CDU-Mitglied, bei einer Veranstaltung des konservativen „Berliner Kreises“ innerhalb der Union am Samstag.

Maaßen war als Präsident des Bundesverfassungsschutzes in die Kritik geraten, im November versetzte ihn Innenminister Horst Seehofer in den einstweiligen Ruhestand. Beim „Berliner Kreis“ kam Maaßen, ein Kritiker der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, gut an. Mit Unbehagen blickte offenbar die Fraktionsführung auf die Veranstaltung, die ursprünglich im Fraktionssaal der Union stattfinden sollte. Nachdem bekannt wurde, dass Maaßen kommt, musste der „Berliner Kreis“ in einen Sitzungssaal des Bundestags ausweichen.

„Der Extremismus ist leise und wird vielfach unterschätzt, weil man gerade immer auf den Qualm, auf die Anschläge und dergleichen schaut“, sagte Maaßen. „Es sind keine Hit-Teams, die den Islamismus bei uns regelmäßig verbreiten.“ Vielmehr seien manche der Protagonisten gut gebildet und würden als „wohlintegriert“ gelten. Maaßen beklagte auch, dass staatliche Stellen im Kampf gegen radikalen Islamismus kein Gegenüber aufseiten moderater oder säkularer Muslime fänden. „Es fiel uns damals ausgesprochen schwer, der Politik muslimische Organisationen zu benennen, die nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“ Es funktioniere nach seiner Erfahrung nicht, Radikalisierung mit Hilfe von Extremisten einzudämmen, sagte Maaßen. „Ich bin immer wieder gegen eine Betonwand gelaufen“, sagte er zu Gesprächen mit Vertretern der Muslimbruderschaft, die die Errichtung eines Staates mit islamischen Werten anstrebt. Die andere Seite habe stets zunächst über Islamfeindlichkeit sprechen wollen.

In Deutschland habe man noch nicht begriffen, dass man mit dem Islam nicht umgehen könne wie mit christlichen Kirchen, bemängelte Maaßen. Auf einer Auslandsreise als Verfassungsschutzchef habe ihn ein Kollege aus dem arabischen Raum gefragt, ob er sich denn nicht die Freitagsgebete der Moscheen zur Billigung vorlegen lasse. Das könne natürlich keine Lösung sein, stellte Maaßen klar.

„Die bringen ihre Denke mit nach Deutschland, wissen aber, dass sie in Deutschland im Grunde genommen all das machen dürfen, was sie in den arabischen Staaten nicht machen dürfen“, warnte Maaßen mit Blick auf Islamisten. „Wir müssen das einfach im Kopf behalten, dass man in den muslimischen Staaten ganz anders damit umgeht, und dass sie im Grunde genommen hier ein Wildwest für sich haben.“

Maaßen kritisierte erneut die Ausländerpolitik der Bundesregierung. Jeden Tag kämen noch immer „bis zu 500 Menschen als Asylsuchende zu uns – und das ist nur das Hellfeld“. MARTINA HERZOG

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