Merkel erklärt Klima-Neutralität zum Ziel für 2050

von Redaktion

Bundeskanzlerin zeigt Sympathie für französische Initiative und für „Fridays for future“-Proteste

München – Zwölf Jahre ist her, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich im roten Parka durch das schwindende gröndländische Arktiseis schippern und die Folgen der Erderwärmung zeigen ließ. „Ich glaube, dass vor uns für die Bekämpfung des Klimawandels sehr entscheidende Jahre liegen“, sagte sie im August 2007. Doch ihr Ruf als Klimakanzlerin, der sich damals verfestigte, hat zuletzt ziemlich gelitten. Deutschland wird seine Klimaziele für 2020 verfehlen.

Jetzt, wo das Ende ihrer Kanzlerschaft näher rückt, gibt Merkel sich noch einmal ambitioniert. In Bonn trat sie beim Petersberger Klimadialog vor die Delegierten aus 35 Ländern. Im roten Jackett verkündete sie, die Bundesrepublik solle bis 2050 unter dem Strich klimaneutral sein. Das heißt, was dann noch an CO2 anfällt, muss entweder gespeichert oder durch Maßnahmen wie Aufforstungen ausgeglichen werden. „Die Diskussion soll nicht heißen, ob wir es erreichen können, sondern, wie können wir es erreichen“, sagte Merkel.

Umweltverbänden ist das zu wenig. Denn festlegen will sich Merkel nicht. Erst müsse ihr Klimakabinett eine „vernünftige Antwort“ finden, wie dieses Ziel zu erreichen sei, dann könne man sich der französischen Initiative anschließen, die die Klimaneutralität bis 2050 für die ganze EU verbindlich festschreiben will. „Ein Vertrösten auf einen späteren Zeitpunkt mit dem Verweis auf kommende interne Debatten wird dem Ausmaß der Krise nicht gerecht“, heißt es von Oxfam. Greenpeace will „belastbare und schnell wirksame Maßnahmen“ sehen. Und der BUND kritisiert, Merkel hätte selbst Verantwortung übernehmen sollen, statt auf ihr Klimakabinett zu verweisen.

Will Merkel vor dem Ende ihrer Kanzlerschaft Erfolge vorweisen, muss sie in den eigenen Reihen Unterstützer finden. Konkrete Maßnahmen wie eine CO2-Steuer haben kaum Fürsprecher in der Union. Derweil ermutigt die Kanzlerin die Schüler, die seit Dezember unter dem Motto „Fridays for Future“ auch in Deutschland für mehr Klimaschutz demonstrieren, den Druck hochzuhalten. „Die jungen Menschen machen uns Dampf. Ich finde das auch richtig“, sagte sie am Montag bei einem Bürgerdialog in Wuppertal.

Im Umgang mit Fehlzeiten wegen der Proteste warb Merkel für pragmatische Lösungen. Angesprochen von einem Gesamtschulleiter aus Solingen, der die Forderung der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen nach Durchsetzung der Schulpflicht beklagte, sagte Merkel: „Ich setze auf Leute wie Sie.“ Die Schulpflicht sei eine Sache, es gebe aber „auch noch andere Erwägungsgründe“. STEFAN REICH

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