Wie die GroKo versucht, die Nerven zu behalten

von Redaktion

Union und SPD bereiten sich intern auf Wahlen vor – Söder: Alle GroKo-Projekte auf „wirtschaftlichen Prüfstand“

Berlin – Zwei Wochen vor den Wahlen in Europa und Bremen ist von Gemeinsamkeiten in der GroKo kaum noch etwas zu spüren. Zwar wollen die Parteispitzen nach außen den Anschein von akuter Krise vermeiden. SPD-Chefin Andreas Nahles sagte gestern, die Koalition sei stabil und „durch kein Ergebnis gefährdet“. Trotzdem betonen die Partner immer lauter ihre Gegensätze: Sozialstaat nach SPD-Muster kontra Konjunktur-Ankurbelung à la Union.

Es ist, als würden sich CDU, CSU und SPD längst für die nächste Bundestagswahl warmlaufen. In der Union ist zurzeit vor allem die CDU in einer ungemütlichen Lage. Ein Grund: Die ungeklärte Frage zum Übergang der Macht im Kanzleramt an CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch wenn sie und Kanzlerin Angela Merkel immer wieder versuchen, das Thema vom Tisch zu wischen, droht die Frage, den Endspurt im Wahlkampf bis zum 26. Mai zu überschatten. Mit dem neuen Kräftedreieck zwischen Partei, Fraktion und Regierung wird offenbar, dass es auch in der CDU konträre Positionen gibt. Siehe Migration, CO2-Steuer oder die Haltung zu den Arbeitsbedingungen der Paketbranche.

In Kanzleramt und Adenauerhaus, der CDU-Zentrale, gibt es gleichermaßen die Sorge, dass der interne Zwist auf die Wahlen Ende Mai genauso wie im Herbst in Sachsen, Brandenburg und Thüringen durchschlägt. Unionsanhänger schätzen Vielstimmigkeit und Streit in der Partei eher nicht.

Beim kleinen Koalitionspartner SPD freut man sich über das Dilemma in der Union. Auf keinen Fall wollen die Sozialdemokraten Kramp-Karrenbauer vorzeitig ins Kanzleramt verhelfen – hofft man doch auf einen Vizekanzler-Amtsbonus von Olaf Scholz. Bis zum Ende der Legislaturperiode wollen die Sozialdemokraten regieren und Kernanliegen voranschieben – teils als Regierungsprojekte, teils als Vorrat an Wahlkampfthemen.

In Zeiten knapper Kassen wird das freilich nicht einfacher, wie die Schwierigkeiten um die Grundrente zeigen. Erst gestern wies CSU-Chef Markus Söder eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung im „Spiegel“ zurück und forderte eine Überprüfung der Prioritäten des Bündnisses. „Wir müssen den grundlegenden Kurs der Koalition neu bestimmen“, sagte er. Alle Projekte müssten „auf den wirtschaftlichen Prüfstand“.

Ob die Rechnung von Nahles und Scholz aufgeht, steht ohnehin in den Sternen. Muss die SPD auch nur bei einem Teil der anstehenden Wahlen herbe Verluste einstecken, könnten beim Parteitag im Dezember die #NoGroko-Sozialdemokraten die Oberhand gewinnen.

Vorerst bemühen sich aber zumindest die Spitzen von CDU und CSU in der Regierung, ein Bild schwarzer Einigkeit zu demonstrieren. Vor der regulären Sitzung der Unionsfraktion präsentieren sich Kramp-Karrenbauer und Markus Söder sowie der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt einträchtig der Öffentlichkeit. Auf den Zweck des ungewöhnlichen Auftritts angesprochen, hat Dobrindt eine passende Antwort parat: „Ich finde, wir machen ein gutes Bild zu viert. Und das muss man ab und zu auch mal wieder zeigen.“ J. BLANK, T. MÜNCH, B. WEGENER

Artikel 3 von 11