Merkels vorsichtiges Lob für Weber

von Redaktion

Es ist ein wenig kurios: Nicht in Deutschland, sondern in Kroatien steigt Angela Merkel in den EU-Wahlkampf ein. Die Kanzlerin nutzt nach den Gerüchten der Vorwoche die Chance, Manfred Weber den Rücken zu stärken.

VON KLAUS RIMPEL

Zagreb – So ein Europawahlkampf läuft in Zagreb schon anders als zum Beispiel bei Manfred Weber daheim in Niederbayern: Kroatische Fahnen werden geschwenkt wie bei einem WM-Finalspiel, Balkan-Schlager schmachten und rocken wie auf dem Eurovision Song Contest: Politik ist in Kroatien eine sehr emotionale Sache. Die nüchterne Angela Merkel wirkt etwas deplatziert in dieser mit 2000 feurigen Fans der kroatischen Regierungspartei HDZ gefüllten Basketballhalle.

Die aus deutscher Sicht leicht schräge Atmosphäre passt zu diesem an sich schon seltsamen Wahlkampf. Schließlich wird hier mit Weber ein Kandidat für Brüssel gefeiert, der irgendwie doch nur ein halber ist. Denn so sehr sich Weber in Kroatien und in den anderen EU-Staaten als Spitzenkandidat der konservativen EVP dafür abrackert, dass seine Fraktion stärkste Kraft wird – und dann er, der CSU-Politiker, EU-Kommissionspräsident: Emmanuel Macron baggert hinter den Kulissen, um genau das zu verhindern.

Weber gibt sich in Zagreb kämpferisch in Bezug auf Macrons Versuche, ihn als Kommissionspräsident zu verhindern: „Wir als EVP und CDU/CSU stehen zu dem, was wir vor der Wahl sagen.“ Es würde den „Grundprinzipien der Demokratie“ widersprechen, wenn bei der Entscheidung über den Kommissionspräsidenten am Ende der Wähler-Wille ignoriert würde.

Der Niederbayer lässt sich an diesem Samstag in der kroatischen Hauptstadt nicht anmerken, wie sehr ihn all diese Spielchen und Ränke schmerzen – vor allem, dass auch die Kanzlerin ihm mit der Interview-Äußerung in den Rücken gefallen war, sie selbst sei nie ein Anhänger davon gewesen, über den Kommissionspräsidenten per EU-Parlamentswahl zu entscheiden.

Dafür freut er sich umso demonstrativer, dass Merkel nun mit ihm hier in Zagreb (und dann noch einmal am kommenden Freitag in München) auftritt. Und sich in bisher nicht dagewesener Deutlichkeit hinter seine Kandidatur stellt: „Manfred Weber wird ein guter Kommissionspräsident sein, weil er für ein Europa der Menschen steht, in dem eine nationale und eine europäische Identität kein Gegensatz sind.“

Auch Merkels Auftritt gehört zu den Absurditäten dieses Wahlkampfs: Daheim in Deutschland hält sich die Kanzlerin völlig aus den Ringen ums EU-Parlament heraus – ihren einzigen bisherigen Europawahlkampf-Termin hat sie nun ausgerechnet hier, wo sonst Zagrebs Basketball-Team Sibona spielt, weit weg vom Berliner Betrieb. Doch diese als Höhepunkt des Wahlkampfs der Konservativen in Europa geplante Show in Kroatien bekommt trotz der perfekten HDZ-Regie ungeplant eine ganz andere Note: Hier in Zagreb findet die Gegenveranstaltung zum gleichzeitigen Rechtspopulisten-Treff in Mailand und zur FPÖ-Krise in Wien statt.

Merkel macht in ihrer bejubelten Rede deutlich, dass sie genau deshalb diese Europawahl für eine Schicksalswahl hält: „Der Nationalismus ist der Feind des europäischen Projekts!“ Die Kanzlerin wird – für sie ganz untypisch – persönlich, erinnert an ihre Jugend in einer Diktatur: „Ich durfte nicht mal ins ehemalige Jugoslawien reisen.“ Kroatien habe noch in den 90ern Krieg erlebt – „deshalb wissen Sie hier, wie wichtig das Friedensprojekt Europa ist.“

Weber legt in seiner Rede nach: „Ich kämpfe gegen die Nationalisten! Ich kämpfe gegen die Populisten! Sie werden unser Europa nicht zerstören!“

Im Gespräch mit unserer Zeitung verspricht der CSU-Politiker „kristallklar“, nach der Wahl im Parlament keine Kooperation mit Rechts- oder Linkspopulisten eingehen zu wollen. Er fordere auch die Sozialdemokraten im Europaparlament auf, sich genauso klar von Kooperationen mit Linksaußen-Parteien zu distanzieren. Da ist dann doch kurz zu spüren, dass es in diesem Wahlkampf für CDU/CSU nicht nur gegen die Rechtspopulisten geht.

Kanzlerin erzählt von ihrer Jugend

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