Kiew – Der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das Parlament aufgelöst. Neuwahlen könne es schon in zwei Monaten geben, sagte der 41-Jährige am Montag in seiner Antrittsrede vor den Abgeordneten und internationalen Gästen in Kiew. Zudem legte der proeuropäische Politiker nach seiner Vereidigung der Regierung den Rücktritt nahe. Der Ex-Schauspieler hat bislang keine Mehrheit im Parlament, um Reformen durchzusetzen. Neuwahlen sollen ihm dort eine Machtbasis verschaffen. Ursprünglich war die Wahl für Oktober vorgesehen.
Selenskyj betonte, dass er alles dafür tun werde, die von Russland 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder zurückzuholen. Er sei nicht bereit, Gebiete der Ukraine herzugeben. Moskau wies diese Forderung zurück.
Neben einer Lösung im Konflikt in der Ostukraine, wo das Nachbarland Russland Separatisten unterstützt, ist der Kampf gegen Korruption eines der zentralen Themen Selenskyjs. Er kündigte an, die Immunität der Abgeordneten aufzuheben sowie gegen Bereicherung im Amt vorzugehen. Zudem will er den Geheimdienstchef und den Generalstaatsanwalt entlassen.
Selensky ist der jüngste Präsident, den das Land je hatte. Der Schauspieler, der jahrelang in einer Fernsehserie den Präsidenten gespielt hatte, löst den abgewählten Oligarchen Petro Poroschenko ab. Selenskyj kritisierte die Regierung unter Poroschenko. Sie habe nichts getan dafür, dass sich die Menschen im Donbass als Ukrainer fühlten. Einen Teil seiner Rede hielt er auf Russisch. Das neue Staatsoberhaupt bekräftigte außerdem seine Bereitschaft zum Dialog mit dem Nachbarn Russland.
Ein Sprecher des Auswärtige Amts in Berlin nannte es nachvollziehbar, dass nun versucht werde, das Mandat des Präsidenten „mit einer Parlamentswahl zu unterlegen – oder wie auch immer das ukrainische Volk sich entscheidet“.