Digitale Patientenakte

Keine Abstriche beim Vertrauen

von Redaktion

SEBASTIAN HORSCH

In der für 2021 geplanten elektronischen Patientenakte soll es zunächst nun doch nicht möglich sein, Ärzten nur einen Teil der eigenen Gesundheitsdaten zu zeigen. Entweder lässt man sie also alles sehen, oder eben nichts. Doch was sollte der Durchschnittspatient auch dagegen haben, wenn nun sein Orthopäde erfährt, dass er vor drei Jahren eine Mandelentzündung hatte?

Im Normalfall: nichts. Im Gegenteil. Es ist in der Regel ja sogar sinnvoll, es dem Mediziner zu überlassen, welche Daten er im Rahmen einer Behandlung für relevant hält, statt selbst vorzuselektieren. Natürlich gibt es auch Menschen, die in ihrer Krankheit ein Stigma sehen. Sie möchten nicht, dass ihr Zahnarzt im Ort davon erfährt, dessen Kinder mit den eigenen zur Schule gehen. Nun, sie müssten ihrem Zahnarzt den Zugriff eben verwehren – und wären damit nicht schlechter dran als heute. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite geht es bei Gesundheitsdaten nun einmal um das Sensibelste, was ein Mensch besitzt. Und schon der Anflug eines Verdachts, es könnte auf digitalen Wegen in falsche Hände geraten, beunruhigt viele Patienten – zu Recht.

Mit der elektronischen Patientenakte will Gesundheitsminister Jens Spahn der Zettelwirtschaft 2021 endlich ein Ende bereiten. Es wäre ein großer Gewinn. Doch damit dieses Vorhaben zum Erfolg wird, braucht es neben den technischen Mitteln vor allem das Vertrauen und die Akzeptanz der Patienten. Um beides nicht zu gefährden, sollte bei der Einführung alles passen. Selbst, wenn es dann eben noch ein kleines bisschen länger dauert.

Sebastian.Horsch@ovb.net

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