Job-Rotation bei der SPD

von Redaktion

Justizministerin Barley will auf alle Fälle nach Brüssel wechseln – wer könnte ihr nachfolgen?

Berlin – Es waberten bereits Gerüchte durch Berlin, Katarina Barley werde einen Rückzieher machen nach einer vergeigten Europawahl. Dann werde sie doch nicht nach Brüssel wechseln, wurde selbst in der SPD spekuliert. Die Noch-Justizministerin und Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten hat nun klargestellt: „Am 26. Mai ist Schluss.“

Ihr Gesuch auf Entlassung als Justizministerin sei schon geschrieben, so Barley. „Ich werde es noch am Wahlabend der Bundeskanzlerin weiterleiten. Mein Wort drauf.“ Auch habe sie ihre Wohnung in Berlin gekündigt, den Mietvertrag in Brüssel unterzeichnet. Also Schluss mit den Gerüchten. Sie kamen auf, weil Barleys Kampagne nicht richtig zünden wollte. Die Genossen verharren bei etwa 17 Prozent in den Umfragen, zehn Prozent weniger als 2014.

Barley geht trotzdem. Da stellt sich die Frage, wer ihr nachfolgen wird. Dem Vernehmen nach führt Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles schon länger Gespräche. Die Blicke richten sich offenbar auf die Bundestagsfraktion: „Wir haben dort einige gute Juristinnen“, sagt ein hochrangiger Sozialdemokrat. Immer wieder wird Fraktionsvize Eva Högl genannt. Sie ist jedoch Berlinerin wie Familienministerin Franziska Giffey. Zwei Kabinettsmitglieder aus einem Landesverband wären aus Proporzgründen nicht durchsetzbar. Selbst wenn SPD-Hoffnungsträgerin Giffey über die Plagiate in ihrer Doktorarbeit stolpern sollte, ist Högl „kein Selbstläufer“, wie in Fraktionskreisen betont wird. „Es gibt einen breiten Widerstand.“ Die 50-Jährige ist nicht gerade beliebt.

Als Favoritin gilt offenbar eine andere: Sonja Steffen. Die Justiziarin der Fraktion ist „hoch anerkannt“, heißt es. Sie stammt aus Mecklenburg-Vorpommern. Ein ostdeutsches Kabinettsmitglied fehlt der SPD. Zudem ist Steffen (56) Rechtsanwältin. Zwei weitere Namen fallen hinter den Kulissen: Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (die freilich ablehnt) und die künftige Landeschefin der Hessen-SPD, Nancy Faeser. Ihre Ambitionen sollen jedoch in Hessen liegen, die Spitzenkandidatur ist dort frei geworden.

Die Europawahl ist nicht der einzige Urnengang, auf den die SPD mit bangem Blick schaut. Für ein weiteres Stühlerücken könnte die zeitgleich stattfindende Wahl in Bremen sorgen. Sollte es eine drastische Niederlage für die seit Jahrzehnten regierenden Genossen geben, stellt sich sogar die Frage nach der politischen Zukunft von Andrea Nahles. Es gibt Überlegungen, sie dann aus ihrem Job der Fraktionschefin zu drängen – Interesse an der Nachfolge soll NRW-Landesgruppenchef Joachim Post haben. Auch Fraktionsvize Matthias Miersch wird genannt.

Dass Martin Schulz oder Sigmar Gabriel zurückkommen, gilt als unwahrscheinlich. Nahles, heißt es, wolle beide Funktionen zusammenhalten. „Es gibt eine Unzufriedenheit mit ihr“, sagt ein SPD-Mann. Aber Wechsel in Spitzenämtern „sind in den letzten Jahren auch nie der Weisheit letzter Schluss gewesen“. HAGEN STRAUSS

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