Dem schillernden Bündnis droht ein schnelles Ende

von Redaktion

ITALIEN

Die Kabinettssitzung wurde auf nächste Woche vertagt. Wieder mal. Die Koalition aus Lega und Movimento 5 Stelle konnte sich über mehrere Gesetzentwürfe nicht einigen. Symptomatisch für eine tief zerstrittene Regierung, deren Partner sich immer fremd geblieben sind. Regiert wird in Rom schon lange nicht mehr. Stattdessen touren Lega-Boss Matteo Salvini und 5-Sterne-Chef Luigi di Maio durchs Land und machen Wahlkampf. Die Stimmung ist aufgeheizt, der Ton auf den Plätzen aggressiv, manchmal gewalttätig. Man schenkt sich nichts. Am Sonntag entscheidet sich die politische Zukunft Italiens.

„Im Juni fällt der große Hagel. Die Schwachen und Blutleeren werden als Erste fallen“. Mit diesen biblischen Worten beschrieb Giancarlo Giorgetti, Stabschef der Regierungszentrale und enger Gefolgsmann Salvinis, die Lage. „Wenn eine Regierung, die angetreten ist, um im Land einen Wechsel voranzutreiben, sich nur noch gegenseitig blockiert, hat sie ihren Sinn verloren.“ Nicht nur in Reihen der Lega wird so gedacht. Auch bei den Grillini sitzt der Unmut tief; nach einem Jahr fühlt man sich von Salvini und Co an die Wand gedrückt. Profiteur des schillernden Bündnisses, so die Wahrnehmung, sei die Lega.

Umfragen geben der Sichtweise Recht. Während die rechten Ultras am Sonntag ihren Stimmanteil von 17 Prozent bei den letzten Parlamentswahlen verdoppeln könnten, müssen die Populisten vom Movimento einen zweistelligen Absturz fürchten. Der klar proeuropäische Partito Democratico könnte als zweitstärkste Kraft an den Grillini vorbeiziehen. Ein derartiges Ergebnis hätte, darin sind sich Italiens Medien einig, das schnelle Ende der Regierung zur Folge; im Rausch des Sieges würde die Lega rasche Neuwahlen anstreben.

Doch hinter den Kulissen kursiert ein zweites Szenario. Staatspräsident Sergio Mattarella könnte dem politischen Chaos von sich aus ein Ende bereiten und eine unabhängige Experten-Regierung einsetzen. Beispiele gibt es dafür aus der Vergangenheit. Und so könnte im Palazzo Chigi bald ein neuer Hausherr einziehen: Mario Draghi, dessen Amtszeit als Präsident der Europäischen Zentralbank sich gerade dem Ende zuneigt.  mf

Artikel 1 von 11