Mafia-Verdacht: Berlusconi „unwählbar“

von Redaktion

Italienische Kommission belastet vor der Europawahl fünf Kandidaten schwer

Rom – Vielleicht ahnte Silvio Berlusconi bereits, dass sich Ungemach zusammenbraute. Bei seinem letzten Auftritt in einer Polit-Talkshow wirkte er fahrig und unwirsch, legte sich mit dem Moderator an und drohte gar, die Sendung zu verlassen. So gar nicht der eloquente TV-Profi, den seine Anhänger kennen.

Keine 24 Stunden später der Paukenschlag: Die sogenannte Anti-Mafia-Kommission des italienischen Parlaments erklärte nach wochenlanger Prüfung insgesamt fünf Kandidaten zur morgigen Europawahl für unwählbar wegen krimineller Verwicklungen. Davon gleich vier Bewerber der Forza Italia, einschließlich Berlusconi. Gegen den wegen Steuerhinterziehung vorbestraften Ex-Regierungschef laufen noch immer Verfahren wegen verschiedener Korruptionsdelikte, darunter Bestechung und Behinderung der Justiz. Auch drei weiteren Kandidaten aus Berlusconis Politclub werden Finanzdelikte und Bestechlichkeit vorgeworfen.

Die Entscheidung des Ausschusses, der über die ethischen Standards von Parlamentariern und Mitgliedern der Regierung wacht, gründet sich auf die Auswertung von Unterlagen der Ermittlungsbehörden. „Wenn jemand sein Leben lang gegen die Mafia gekämpft hat, dann war ich es“, wies der Ex-Cavaliere die Vorwürfe zurück. Das Urteil würden am morgigen Sonntag die Wähler sprechen; er werde Millionen Stimmen auf sich ziehen, so der Medienmogul. Das allerdings dürfte sich als pures Wunschdenken erweisen. Laut Umfragen droht Forza Italia (im Europaparlament Mitglied der EVP-Fraktion) ein beispielloser Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Schon die Spitzenkandidatur des langjährigen Regierungschefs hatte für erhebliche Verwerfungen in den eigenen Reihen gesorgt. Viele Anhänger hätten sich eher EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani als Zugpferd auf Platz eins der Liste gewünscht. Etliche Mitglieder, so wird berichtet, verweigerten den Wahlkampf für ihr einstiges Idol.

Hinter den Kulissen beraten die Spitzen längst, wie man den Alten endlich in Ruhestand schicken könne. Der langjährige Berlusconi-Intimus und jetzige Gouverneur von Ligurien, Giovanni Toti, denkt bereits laut über die Gründung einer neuen konservativ-liberalen Partei nach. Ab Montag könnte die Ära Berlusconi wirklich Geschichte sein.   INGO-MICHAEL FETH

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