Salvinis italienischer Triumphzug

von Redaktion

Die Rechtsextreme Lega wird die mit Abstand stärkste Kraft

Rom – Italien war der letzte Staat, aus dem weit nach Mitternacht die Ergebnisse der Europawahl eintrudelten; die Wahllokale sind hier traditionell bis 23 Uhr geöffnet. Das Resultat sorgt für ein politisches Beben: Die Italiener haben die politischen Verhältnisse über Nacht umgestürzt. Mit 34,3 Prozent der Stimmen machten sie die rechtsextreme Lega zur beherrschenden politischen Kraft im Land.

Damit hat die Partei von Innenminister Matteo Salvini ihren Stimmanteil gegenüber der Parlamentswahl vor 14 Monaten verdoppelt, im Vergleich zur letzten EU-Wahl sogar verfünffacht. In ihrer Hochburg Lombardei holte sie fast 44 Prozent. Doch auch in den Regionen des Südens konnte die ehemalige Regionalpartei aus dem Norden abräumen.

Ein Triumphzug, nicht nur aus italienischer Sicht. Der Lega dürfte damit auch im EU-Parlament die Führungsrolle der rechtsnational gesinnten Parteien zufallen. Im Vergleich: Salvinis Verbündete Marine Le Pen holte in Frankreich gut zehn Prozent weniger.

Einen dramatischen Absturz in der Wählergunst erlebten die regierenden Populisten von der Fünf-Sterne-Bewegung. Die lange Zeit von Sieg zu Sieg eilenden Systemkritiker von Wirtschaftsminister Luigi di Maio stürzten auf gerade mal 17 Prozent ab; ihr schlechtestes Ergebnis seit zehn Jahren. Zur Erinnerung: Noch vor einem Jahr schien der Siegeszug der gelben Sterne unaufhaltsam, bei den Wahlen zu Kammer und Senat fuhren sie etwa 35 Prozent ein. An diesem Sonntag haben sich die Gewichte zwischen ihnen und dem Bündnispartner Lega umgekehrt.

Für die Fortsetzung der Koalition dürfte das kaum ohne Folgen bleiben. Aus Reihen der Lega kommen Forderungen nach neuen Prioritäten in der Regierungspolitik. Parteichef Salvini vermied überschwängliches Triumphgeheul: Den Schwarzen Peter für ein abruptes Ende der Koalition wolle er, so Insider, tunlichst dem bisherigen Bündnispartner zuschieben.

Was die Niederlage der Fünf-Sterne-Bewegung aus ihrer Sicht noch bitterer macht: Der moderate Partito Democratico konnte unter dem neuen Chef Nicola Zingaretti mit 22,7 Prozent an den Populisten vorbeiziehen und ist damit klar zweitstärkste Kraft im Land. INGO-MICHAEL FETH

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