Unter dem Radarschirm europäischer Aufmerksamkeit operierten bisher die Erben von Nicolae Ceausescu in Rumänien, parteipolitisch segeln sie unter sozialdemokratischer Fahne. Seit dem Sturz des kommunistischen Diktators haben sie sich die Taschen schamlos vollgestopft. Seit 2017 ließen sie mit beeindruckender Plumpheit nichts unversucht, Anti-Korruptionsgesetze so zu ändern, dass Täter ungeschoren bleiben sollten. Vor allem ihr Vorsitzender Liviu Dragnea wollte dem Gefängnis entgehen. Eine Verurteilung wegen Wahlbetrugs hatte ihn schon daran gehindert, als Ministerpräsident die Macht im Land zu übernehmen – aber nicht im Geringsten gebremst, im Hintergrund die Strippen zu ziehen. So „durften“ zwei Regierungschefs seiner Partei ihren Hut nehmen. Nun ist er krachend gescheitert: Gestern musste er eine dreieinhalbjährige Haftstrafe antreten.
Dieser Paukenschlag ist der Höhepunkt eines politischen Erdbebens in Rumänien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Heftigsten Widerstand gegen die Versuche, die Justiz im Sinne der Korruptionsverdächtigen zu steuern, leisteten Präsident Iohannis, die Opposition mit Protesten auf der Straße – und nun auch die Wähler. Dragneas Partei wurde bei der Europawahl abgestraft, beim vom Präsidenten gestarteten, nicht bindenden Referendum fiel die Justiz-„Reform“ durch, Parteichef ist der inhaftierte Pate bald nicht mehr. All das könnte ein Schritt zur Zerschlagung teils aus Securitate-Zeiten stammender Seilschaften in Richtung Rechtsstaatlichkeit sein.
Bernd.Kreuels@ovb.net