„Es ist falsch, den Grünen hinterher zu laufen!“

von Redaktion

Der Chef der konservativen Werte-Union wehrt sich gegen Schuldzuweisungen der CDU-Spitze

Alexander Mitsch ist Vorsitzender der Werte-Union, in der sich konservative CDU-Politiker zusammengeschlossen haben und die mehrfach den Rücktritt Angela Merkels gefordert hatte.

In einer Analyse der CDU-Parteizentrale wurde die Werte-Union als einer der Hauptschuldigen dafür ausgemacht, dass sich die unter 30-Jährigen von der Union abwenden. Ziehen Sie sich den Schuh an?

Überhaupt nicht. Wenn es die Werte-Union und die Junge Union nicht gäbe, hätten sich noch viel mehr Wähler von der Union abgewandt. Deshalb muss ich diese Analyse absolut hinterfragen, die zum Beispiel nicht darauf eingeht, was aus den 3,5 Millionen einstigen Unionswählern wurde, die ins Nichtwählerlager abgewandert sind. Die Fokussierung allein auf die Grünen ist zu kurz gegriffen. Aber möglicherweise wurde die Analyse auch mit einer bestimmten Absicht erstellt …

Mit welcher Absicht denn?

Es kann durchaus sein, dass die Idee dahinter ist, die CDU für grüne Ideen zu öffnen, um eine Koalition mit den Grünen vorzubereiten. Auch dafür gibt es ja Anhänger in der Union. Insofern plädiere ich dafür, dass wir sehr sorgfältig analysieren, was bei dieser Europawahl passiert ist. Meiner Meinung nach liegen unsere Defizite eben nicht nur bei Themen wie Klimaschutz oder Internet. Andere Themen wie die innere Sicherheit, die Einwanderungspolitik oder die hohen Steuern und Sozialabgaben sind mindestens genauso wichtig.

Es gibt nach dieser Wahlniederlage große Kritik daran, dass Kanzlerin Angela Merkel abgetaucht sei. Mittlerweile hat sie sich in einem CNN-Interview geäußert. Reicht das?

Angela Merkel hat die Hauptverantwortung, weil in der Wahrnehmung der Menschen die Politik im Kanzleramt und im Kabinett gemacht wird. Sie müsste sich fragen, was sie besser machen muss. Diese Große Koalition hat in den letzten Jahren nicht viel zustande gebracht: Weiter ungesteuerte Migration, Abschiebungen funktionieren nicht, Steuern und Abgaben auf Höchstniveau, keine vernünftigen Konzepte für die Herausforderungen des Klimawandels…

Sie plädieren für einen Ausstieg aus der GroKo und eine Minderheitsregierung mit der FDP. Glauben Sie wirklich, dass Sie nach Neuwahlen eine Mehrheit mit den schwächelnden Liberalen hinbekommen?

Es muss unser Anspruch sein, als Union regierungsfähig zu werden, ohne auf SPD oder Grüne angewiesen zu sein. Wir müssen als Union unsere eigenen Positionen wieder klarmachen. Dadurch können wir Wähler zurückgewinnen und eine Koalition mit der FDP schaffen. Wir dürfen SPD und Grüne nicht dauerhaft als unsere Mehrheitsbeschaffer akzeptieren. Wir haben bei der Europawahl netto 4,3 Millionen Wähler verloren, davon nur ein Viertel an die Grünen. Es wäre also völlig falsch, den Grünen blind hinterher zu laufen.

Wäre Friedrich Merz der bessere Parteichef?

Wir haben uns für Herrn Merz ausgesprochen vor der Wahl des neuen CDU-Vorstands, weil seine Kompetenz und seine konservative Grundeinstellung für die Union und für Deutschland besser wären. Es zeigt sich jetzt, dass sich Frau Kramp-Karrenbauer sehr schwertut mit der notwendigen Politikwende. Hier wäre Merz schon weiter. Er muss deutlich mehr Verantwortung bekommen.

Interview: Klaus Rimpel

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