Rom – Nur wenige Tage nach den EU-Wahlen eskaliert erneut der Haushaltsstreit zwischen Brüssel und Rom. In einem ultimativen Mahnbrief fordert die Europäische Kommission innerhalb von 48 Stunden eine Antwort, mit welchen Maßnahmen Italien sein ausuferndes Haushaltsdefizit in den Griff bekommen will. Andernfalls würden die im Stabilitätspakt vorgesehenen Sanktionen in Gang gesetzt.
Wegen des stagnierenden Wachstums und der hohen Kreditzinsen, die das Land derzeit an den Finanzmärkten zahlen muss, ist die im Januar von der Populisten-Regierung in Brüssel vorgelegte Finanzplanung obsolet. Das Bündnis aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung wird von der Entwicklung auf dem falschen Fuß erwischt. Nach ihrer desaströsen Wahlschlappe vom Sonntag, bei der die Sterne-Bewegung auf gerade mal 17 Prozent abgestürzt war, befindet sich die Basis der Grillini in Aufruhr. Gegen Vize-Premierminister Luigi di Maio läuft eine parteiinterne Revolte. Auf der parteieigenen Internetplattform sprachen ihm aber 80 Prozent der Partei das Vertrauen aus.
Die Lega hingegen, im Rausch ihres Triumphs, stellt täglich neue Forderungen, die mit der notwendigen Sparpolitik unvereinbar sind. So verlangt Lega-Chef Matteo Salvini die schnelle Einführung einer sogenannten „Flat Tax“ von 15 Prozent für alle Einkommensteuerpflichtigen. Sie dürfte nach Schätzungen von Experten satte 30 Milliarden Euro kosten.
Im Quirinalspalast ist man alarmiert. Staatspräsident Sergio Mattarella pochte gestern bei einem Vier-Augen-Gespräch mit Regierungschef Giuseppe Conte auf eine Einhaltung der Euro-Regeln. Doch Conte, der selbst als moderat gilt, ist geschwächt wie nie; ebenso der neutrale Finanzminister Giovanni Tria. Ihre Tage im Amt scheinen gezählt. MICHAEL FETH