Italiens Regierung am Jahrestag

Sehnsucht nach dem starken Mann

von Redaktion

INGO-MICHAEL FETH

Welch eine Euphorie vor einem Jahr! Nicht weniger als Italien und ganz Europa wollte das Populisten-Bündnis in Rom verändern. Nachdem sie den Wählern das Blaue vom Himmel versprochen hatten. Die Erwartungen waren immens, die Befürchtungen auch. Zwölf Monate später gibt es viele Verlierer – und einen Gewinner.

Verloren hat vor allem Italien. Ein gigantisches Ausgabenprogramm, dessen Effekte versickert sind wie Wasser im Sand, hat das Land in die finsteren Zeiten von Rezession und Schuldenkrise zurückgeworfen. Das internationale Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit ist erschüttert, die Geduld der europäischen Partner erschöpft, der politische Kredit aufgebraucht. Bei der Postenverteilung in Brüssel wird man es beobachten können.

Experiment gescheitert? Ja und nein. Gescheitert sind vor allem die 5 Sterne, nämlich an sich selbst. Sie haben den Sprung von einer aus dem Hintergrund gelenkten Polit-Sekte zur kompetenten Regierungstruppe nicht geschafft. Unerfahrenheit und Selbstüberschätzung ließen die einst gefeierten Systemveränderer bei den Bürgern in Ungnade fallen. Doch jede Krise hat ihre Profiteure: Je länger sich das quälende Politchaos hinzieht, desto mehr wächst bei den Italienern die Sehnsucht nach dem starken Mann. Die Europawahl war das Signal: Matteo Salvini steht als selbst ernannter Retter der Nation bereit. Der Populismus hat noch lange nicht abgedankt.

Politik@ovb.net

Artikel 1 von 11