London – Das Spektakel beginnt um kurz nach 12. Der Helikopter von Donald Trump schwebt herab auf den gepflegten Rasen hinter dem Buckingham-Palast. Prinz Charles und seine Frau Camilla nehmen den US-Präsidenten und die First Lady in Empfang. Dann begrüßt die Queen ihren Gast. Trump wirkt dabei ein wenig ungelenk. Doch die Königin lächelt höflich. Die Ehrengarde des Palastes läuft auf. Erst kommt die amerikanische Nationalhymne, später die britische, zwischendurch darf Trump die Ehrengarde abschreiten. Im Hintergrund donnern dazu Salutschüsse. Trumps eigener Hofstaat, darunter Tochter Ivanka, Schwiegersohn Jared Kushner und diverse enge Mitarbeiter aus dem Weißen Haus, beobachten das Schauspiel vom Balkon des Palastes aus.
Es ist der große Auftritt, den sich Trump gewünscht hat. Der frühere Baumogul hat viel Geld angehäuft in seinem Leben und es bis ins Weiße Haus geschafft, aber zur noblen Elite mit Tradition und Klasse hat er nie gehört. Seine Vergangenheit hängt ihm nach. An Trump haftet bis heute das Image eines TV-Unterhalters, eines – bisweilen windigen – Geschäftsmannes mit einem Faible für Wrestling und Frauen. Bei diesem dreitägigen Staatsbesuch in Großbritannien mit vollem royalen Programm besteht für ihn die Chance, dass ein klein wenig Glanz dieses traditionsreichen Königshauses auf ihn abfärbt. Das Haus Windsor trifft quasi auf das Haus Trump. Ein Zusammenprall zweier Welten.
Für den US-Präsidenten ist es eine bildreiche Visite. Trump im Prunk des Buckingham-Palastes, Trump in der Westminster Abbey, Trump mit der Queen oder beim Tee mit Prinz Charles – dem Präsidenten kommen derlei staatsmännische Bilder sehr gelegen. Er hat einen Wahlkampf vor sich, will 2020 für eine zweite Amtszeit antreten. Ein wenig internationale Noblesse kann er gebrauchen.
Das britische Königshaus rollt ihm den roten Teppich aus, auf Bitten der britischen Regierung. Das sorgt für Unmut. Kritiker meinen, die Royals werteten sich dadurch selbst ab. Sie befürchten, dass nicht der Glanz des Königshauses auf Trump abfärbt, sondern dessen Image auf den Hof. Das Urteil des britischen „Guardian“ etwa fällt insgesamt vernichtend aus: Trump zum Staatsbesuch einzuladen, sei ein „schwerer Fehler“ und angesichts der innerbritischen Krise ein „Akt krasser Verantwortungslosigkeit“. Wer Trump und dessen Familie von der Queen als Gäste ehren lasse, „der riskiert, seine zerstörerische Politik, seine Vetternwirtschaft und seine Neigung zu Autokratentum zu legitimieren“. Trump hat die Briten in den vergangenen zwei Jahren mehrfach vor den Kopf gestoßen. Und das tut er auch diesmal.
Kurz vor seinem Besuch mischte sich Trump über zwei Interviews mit britischen Zeitungen in die Brexit-Debatte ein – ein diplomatisches No Go. Er kritisierte May, die ohnehin schon demontiert ist und kurz nach Trumps Besuch ihre Macht in der Konservativen Partei und danach auch in der Regierung abgeben wird. Er pries den umstrittenen Brexit-Hardliner Boris Johnson als optimalen May-Nachfolger. Und er gab den Briten auch sonst ungebetene Ratschläge, wie sie den Brexit angehen sollten (am liebsten ohne Deal).
Ein paar Minuten vor seiner Landung in London folgte dann der nächste Affront: Trump setzte noch aus der Regierungsmaschine einen Tweet ab, in dem er den Bürgermeister der britischen Hauptstadt, Sadiq Khan, wüst beschimpfte.
Khan erinnere ihn an „unseren sehr dummen und inkompetenten“ Bürgermeister von New York, Bill de Blasio – allerdings sei der Londoner Bürgermeister „nur halb so groß“, so der US-Präsident. Noch dazu schrieb er Khans Namen darin falsch. Eine eigenwillige Form von Ankunfts-Honneurs.