Berlin/München – Betont geschlossen treten gleich drei Mitglieder der Bundesregierung vor die Kameras, um ihre Ergebnisse zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Löhne in der Pflege vorzustellen. Nicht von ungefähr wollen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Familienministerin Franziska Giffey und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) an diesem Dienstag in Berlin Einigkeit demonstrieren, gab es zuletzt doch meist Streit zwischen Union und SPD um gemeinsame Projekte.
Nun also der Abschluss der „Konzertierten Aktion Pflege“, die die drei Minister vor knapp einem Jahr mit viel Symbolik gestartet hatten. Gemeinsam mit den wichtigsten Akteuren der Branche wollten sie erarbeiten, wie die Situation der Pflegekräfte verbessert werden kann. Wichtigstes Ergebnis: Die Löhne sollen steigen. Nur so lasse sich mehr Personal gewinnen, sagte Heil. Man wolle verlorenes Vertrauen der Beschäftigten zurückgewinnen, sekundierte Spahn.
Allerdings herrscht beim Weg dorthin noch keine Einigkeit. Die Arbeitgeberlandschaft in der Pflege ist zersplittert: Kommunen zählen ebenso dazu wie kleine private und große börsennotierte Unternehmen oder die Wohlfahrtsverbände und die Kirchen mit ihrem eigenständigen Arbeitsrecht.
Aus Sicht von Heil ist der Königsweg dennoch ein allgemeiner Tarifvertrag. Denn nur 20 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege arbeiteten derzeit tarifgebunden. Noch vor der Sommerpause will der Arbeitsminister ein Gesetz auf den Weg bringen, das zum 1. Januar 2020 in Kraft treten und erleichtern soll, einen Tarifvertrag für bundesweit allgemeinverbindlich zu erklären.
Aushandeln müsste diesen Vertrag ein neuer Arbeitgeberverband, der sich noch in Gründung befindet. Die von Anbietern aus dem eher linken und gewerkschaftsnahen Spektrum getragene Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) könnte mit der Gewerkschaft Verdi einen Tarifvertrag schließen, den Heil dann auf die Branche erstrecken würde. Kein Anbieter in Deutschland dürfte mehr geringere Löhne zahlen.
Die privaten Arbeitgeber lehnen diesen Weg jedoch kategorisch ab. Sie verweisen auf bereits stark steigende Löhne in der Branche und behalten sich rechtliche Schritte vor. Die kirchlichen Träger stellen sich dagegen hinter das Tarifvorhaben, auch weil sie ihre Eigenständigkeit gewahrt sehen.
Als einen „kleinen Schritt“ nach vorn bezeichnet Verena Bentele den Vorstoß gegenüber unserer Zeitung – aber auch nicht mehr. „Die Pflege ist schon jetzt für viele nicht mehr finanzierbar“, sagt die Präsidentin des Sozialverbands VdK. Nötig sei der Umstieg in eine Pflegevollversicherung. Der Pflege-Kritiker Claus Fussek sieht das Problem andernorts. „Organisiert euch endlich untereinander und vor allem mit den Patienten“, fordert er von den Pflegekräften. „Ihr könntet ein mächtiges Gegengewicht zu den Heimbetreibern sein.“ Letzten Endes liege die Verantwortung für Lösungen in der Pflege-Branche selbst.