Portsmouth – Da sitzen sie aufgereiht: die Queen, der US-Präsident, die Kanzlerin, Frankreichs Präsident und die britische Premierministerin. Es ist D-Day-Jubiläum in Portsmouth – eine Gedenkfeier für jenen Tag vor 75 Jahren, an dem die Alliierten mit einer gewaltigen Militäroperation den Auftakt zur Befreiung Frankreichs und Westeuropas von den Nazis starteten. Mehr als ein Dutzend westliche Staats- und Regierungschefs sind dazu an die Südküste Englands gereist.
Es ist als Symbol der Einigkeit gedacht, als Ausdruck des unerschütterlichen Willens, eine Katastrophe wie den Zweiten Weltkrieg nie wieder zuzulassen. Doch ganz so unerschütterlich sind die Bünde des Westens nicht. Das bleibt trotz aller Feierlichkeit an diesem Tag nicht verborgen. Ein Gradmesser dafür ist das Aufeinandertreffen von Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump – das erste seit mehreren Monaten. Und das fällt nicht sehr herzlich aus.
Bei der Gedenkfeier in Portsmouth wird die Geschichte von damals nacherzählt: von den verheerenden Kriegsjahren, die vor dem D-Day lagen und von der gewaltigen Militäraktion der Alliierten, die eine Wende im Krieg einleitete. Damals brachen Zehntausende Soldaten von der britischen Küste auf Richtung Frankreich, um das Land von den Nazis zu befreien, viele davon aus Portsmouth. Der Juni 1944 ist auch die Geschichte eines riesigen Blutvergießens.
In Portsmouth werden an diesem Tag Briefe und Erinnerungen von damals vorgetragen, Szenen nachgespielt. Auch die Regierungschefs halten keine Reden, sondern lesen Dokumente von damals vor: Trump verliest ein Gebet des damaligen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, das der am Abend des 6. Juni 1944 per Radio mit den Amerikanern teilte. Die Zahl der Veteranen wird mit jedem Jahrestag kleiner.
Auf der Tribüne sitzen Merkel und Trump ein Stück weit getrennt voneinander. Zwischen ihnen sind First Lady Melania Trump und der griechische Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos platziert. Merkel schaut immer mal wieder zu Trump rüber, doch der scheint die Kanzlerin nicht recht wahrzunehmen.
Es ist das erste Mal seit Monaten, dass sich Merkel und Trump persönlich begegnen. Zuletzt sahen sie sich im Dezember. Die Kanzlerin war zwar vor ein paar Tagen zu einem Kurzbesuch in den USA. Aber zu einem Treffen mit Trump kam es nicht. Stattdessen hielt sie eine kritische Rede vor Absolventen der Elite-Universität Harvard.
In Portsmouth wirkt ihr Aufeinandertreffen kühl. Nach der Gedenkfeier treffen sich die beiden zu einem kurzen persönlichen Gespräch. Fotografen machen zum Auftakt Bilder, doch die beiden verzichten auf Plauderei und Handschlag für die Kameras. Die Situation wirkt hochgradig unlocker. Nach dem Treffen heißt es von deutscher Seite, die beiden hätten etwa 20 Minuten zusammengesessen, die US-Seite spricht von zehn Minuten. Die Themen: die Lage in Libyen und in Westafrika, die Lage in Europa nach der Wahl.
Merkel tritt kurz vor die Presse, erwähnt das Treffen mit dem Präsidenten nicht. Sie spricht vom D-Day. Die Landung der Alliierten in der Normandie habe Deutschland letztlich die Befreiung vom Nationalsozialismus gebracht und die Grundlage für die Nachkriegsordnung gelegt. „Dass ich als deutsche Bundeskanzlerin heute dabei sein kann und dass wir heute gemeinsam für den Frieden und die Freiheit eintreten, das ist ein Geschenk der Geschichte, das es zu schützen und zu pflegen gilt.“