Die Koalition will sich neu beschnuppern

von Redaktion

Mitten im Personal-Umbruch bei der SPD trifft sich die GroKo zum Orientierungs-Wochenende

Berlin – Die Koalition trifft sich zu einer mäßig gemütlichen Runde im politischen Scherbenhaufen. Überschattet von den schweren Personalquerelen bei der SPD und den aufrüttelnden Ergebnissen auch der CDU bei der Europawahl, sind am Donnerstagabend die Spitzen der Großen Koalition zusammengekommen. Bei einem Abendessen im idyllischen „Alten Zollhaus“ in Berlin tagte die engste Führung der Fraktionen, lotete bei Spargelrisotto, Pflücksalaten und gebratenem Rücken vom Milchkalb die Stimmung aus. Heute gehen die Gespräche weiter. Am Sonntag will Kanzlerin Angela Merkel mit den Spitzen von CDU, CSU und SPD beraten.

Thema sind dann der Haushaltsentwurf 2020 sowie die Prioritäten angesichts geringer wachsender Einnahmen. Bei der SPD wird der Koalitionsausschuss eine Premiere für die kommissarischen Parteivorsitzenden Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel sowie den kommissarischen Fraktionschef Rolf Mützenich.

„Von dieser Klausur soll das Signal der Stabilität ausgehen“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unserer Zeitung am Abend. Der Koalition fehle es nicht an Ergebnissen. „Die müssen aber auch selbstbewusst vertreten werden.“ Erneut verlangte Dobrindt von der SPD „ein klares Bekenntnis zum Weiterregieren“. Vor einer Woche hatte er bereits vor einem „Linksruck“ mit „Enteigungs-Fantasien, Steuererhöhungsvorschlägen und Sozialismusromantik“ gewarnt.

Von Teilnehmern hieß es, auf persönlicher Ebene werde es kein Problem bei der Zusammenarbeit geben. Man kenne sich schon lange. Demonstrativ duzten sich die Fraktionschef vor laufenden Kameras. Zu weiteren inhaltlichen Beratungen wollen sie sich heute im Reichstagsgebäude zurückziehen. Zunächst war die Klausur im Wahlkreis von Nahles geplant gewesen – nach deren Rücktritt wurde das Treffen kurzfristig nach Berlin verlegt. Dabei stehen neben dem Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G die Wirtschaftspolitik sowie das Thema Pflege auf der Tagesordnung. Wahrscheinlich werden für alle drei Bereiche Papiere verabschiedet.

Vor allem beim Mobilfunk bewegt sich etwas. Die Fraktionschefs zeigten sich offen für den Aufbau einen Infrastrukturgesellschaft zum Aufbau des schnellen 5G-Netzes. „Wir wollen, dass es eine Infrastrukturgesellschaft gibt“, hieß es aus der SPD. In welcher Trägerschaft, müsse noch geklärt werden. Den ersten Vorstoß für eine solche Gesellschaft hatte Dobrindts CSU bei ihrer wie immer politisch aufgeheizten Winterklausur Ende 2018 in Kloster Seeon unternommen.

Außerdem wollen sich die Partner auf eine zügige Umsetzung der „Konzertierten Aktion Pflege“ einschwören – ein Maßnahmenpaket, das die Regierung mit zahlreichen Branchenvertretern auf den Weg gebracht hat. Höhere Löhne, weniger Belastungen im Beruf und mehr Azubis sollen dem Pflegenotstand entgegenwirken.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte: „Wir sind handlungsfähig.“ Mützenich habe sofort die Führung der Fraktion übernommen. Ob die Regierung halte, entscheide sich „daran, ob wir beim Klimaschutzgesetz, der Grundrente oder Digitalisierungsfragen vorankommen. Daran wird die SPD den Erfolg messen. Die Regierung steht vor wichtigen Entscheidungen.“  cd/dpa

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