„Vor die Welle kommen“: CSU sucht besseres Klima

von Redaktion

Schneller raus aus der Kohle, nicht alles aufs E-Auto setzen – Parteivorstand soll Konzept beraten

München – Wer Markus Söder genau zuhört, entdeckt ein wiederkehrendes Muster. Vor wichtigen Entscheidungen lässt der CSU-Chef über Tage hinweg hier und da Andeutungen fallen. Ein Nebensatz vor Journalisten, eine geraunte Äußerung in Gremien – hinterher kann man ihm selten vorwerfen, mit einer Hoppla-Hop-Entscheidung die Partei brüskiert zu haben.

Derzeit murmelt Söder viel über den Kohleausstieg: Könne man auch schneller machen, könne vor 2038 gelingen. Söders Raunen legt den Schluss nahe: In einem großen Klima- und Umweltkonzept will die CSU bald ein weitgehendes Umsteuern im Land verlangen und bisheriges Vorgehen infrage stellen – nicht den Atomausstieg, aber durchaus den mit Milliarden subventionierten Kohle-Kompromiss.

Tatsächlich basteln CSU und CDU derzeit an mehreren Konzepten, um in der Klimadebatte aus der Defensive zu kommen. Die Union insgesamt hat bis September ein Modell versprochen, wie der Ausstoß von CO2 bepreist werden kann. Die Bundesregierung will dann im Herbst – falls es sie da noch gibt – ein Klimaschutzgesetz vorlegen. Teil davon ist eine treibhausgasneutrale EU ab 2050.

CSU-intern wird an ersten Papieren gearbeitet. Im Parteivorstand, vielleicht schon in einer Woche, plant Söder einen großen Aufschlag. Seit Wochen sammeln Fachpolitiker der Partei Ideen. Absehbar ist: Die CSU wird eine Bepreisung des CO2-Ausstoßes mittragen, aber keine Steuer auf Sprit und Heizöl. „Es ist unstrittig, dass CO2 einen Preis braucht“, sagt der Landtagsabgeordnete Martin Huber, der den Arbeitskreis Umwelt der CSU führt. „Der Weg über den Zertifikatehandel ist der Sinnvollste.“ Das Grünen-Konzept, eine CO2-Steuer bei den Verbrauchern einzusammeln und sie später wieder gesammelt zurückzuerstatten, sei „nicht gangbar“.

Huber setzt darauf, bei Umwelt- und Klimaschutz von Verbots- und Steuerdebatten die Finger zu lassen. „Wir müssen das zum Innovationsthema machen“, sagt der Altöttinger. Bayern müsse der Leitmarkt für „Clean Economy“ werden, „der umweltfreundlichste Wirtschaftsstandort der Welt“. Als ein Beispiel nennt er die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen, für die ein Pilotprojekt der Firma OMV in der Nähe von Wien läuft. „So etwas muss in Bayern stattfinden.“

Weder CDU noch CSU werden bei der Mobilität allein auf das E-Auto setzen. „Man sollte Technologie-Offenheit haben“, mahnt Huber, er will etwa einen „Masterplan Wasserstoff“. Die Energiebilanz der Elektroautos mit Batteriespeicher sei noch nicht gut, sie müsse deshalb mit anderen Antriebsarten „ganzheitlich“ verglichen werden, zitiert der „Spiegel“ aus einem Mobilitätskonzept des CDU-Präsidiums. Darin steht auch, dass es zwar maßvolle Subventionen für E-Auto-Käufer und mehr Ladesäulen geben soll. Es müssten aber auch Gas sowie Brennstoffzellen weiter gefördert werden: „Dringend einzubeziehen sind dabei neben Bio-Kraftstoffen auch Wasserstoff sowie Autogas (LPG), Erdgas (CNG) und synthetische Kraftstoffe, die CO2-arm hergestellt und weitgehend partikel- und stickoxidfrei verbrennen.“

In der CSU kursieren weitere Einzelvorschläge, viele schon publik: die Dienstwagensteuer auf Hybrid-Autos komplett kippen, die Vergabe von Bahn-Strecken an umweltfreundliche Antriebskonzepte koppeln, massive Steuervorteile für Solarenergie auf Gebäuden, eine Staatsverwaltung ohne Plastik.

Das Leitmotiv: raus aus der Defensive, sich nicht von Grünen und Fridays-Streiks treiben lassen. „Wir müssen vor die Welle kommen“, heißt es in der CSU-Spitze. cd

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