Justizskandal bewegt Italien

von Redaktion

Abhörprotokoll: Offenbar Polit-Kartell für offene Richterstellen

Rom – Es begann mit einem heimlichen Tonmitschnitt in einem Edelrestaurant. Bei einem Abendessen verspricht Luca Palamara, Chefankläger von Perugia, bei der anstehenden Besetzung verschiedener hoher Richterposten seinen Einfluss geltend zu machen. Die andere Person am Tisch ist Luca Lotti, langjähriger Stabschef von Ex-Premier Matteo Renzi und bekannt als sein „Ausputzer“.

Palamara ist zudem Vorsitzender der mächtigen nationalen Vereinigung von Richtern und Staatsanwälten; damit auch Mitglied im „Obersten Justizrat“, dem Selbstverwaltungsorgan der Judikative. Statt das Ansinnen entrüstet abzulehnen, wurde der Staatsanwalt über sein Netzwerk in Lottis Sinne tätig. Palamara sowie drei weitere Mitglieder des Obersten Rates für die Justiz sind mittlerweile zurückgetreten. Der Karrierejurist wurde seit geraumer Zeit abgehört, weil er unter Korruptionsverdacht geraten war; gegen ihn wurde Anklage erhoben.

Aus den Abhörprotokollen geht hervor, dass Lotti versucht haben soll, die Versetzung des missliebigen Staatsanwaltes von Florenz zu erwirken. Dieser hatte Ermittlungen gegen Personen aus Renzis Umfeld aufgenommen; so waren die Eltern des früheren Regierungschefs wegen Verdachts auf betrügerischen Bankrott vorübergehend festgenommen worden. Bei mehreren Treffen hätten Lotti, Palamara und andere überlegt, so belegen die Aufnahmen, wie man die Auswahl politisch gefälliger Richter besser steuern könne.

Hier beginnt ein wirrer Reigen um politische Seilschaften, Vetternwirtschaft, Mauscheleien und Geheimbündelei, der Italiens Justizwesen in einem finsteren Licht erscheinen lässt. Tapfere Mafiajäger, unbestechliche Ermittlungsrichter, zähe Korruptionsbekämpfer – bislang waren die Bürger stolz, dass wenigstens die dritte Gewalt leidlich funktionierte. Das positive Image nimmt nun Schaden. Vorsitzender des Obersten Richterrates ist Staatspräsident Sergio Mattarella. Er hat erste Konsequenzen gezogen: Für Oktober plant er interne Wahlen, um die belasteten Mitglieder des Gremiums zu ersetzen. INGO-MICHAEL FETH

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