Vatikanstadt – Das Amazonas-Becken wird als die Lunge des Planeten bezeichnet. Die katholische Kirche hat die Region in Südamerika auch für sich selbst als Lebenselixier entdeckt. Gestern wurde im Vatikan das Vorbereitungsdokument für die Amazonien-Sondersynode vorgestellt, die Papst Franziskus vom 6. bis 27. Oktober in Rom einberufen hat.
Zwei Stoßrichtungen ergeben sich aus der Diskussionsgrundlage: Erstens sagt die Kirche der ökologischen Ausbeutung radikal den Kampf an. Zweitens könnte die katholische Kirche in Amazonien erstmals auch verheiratete Priester und Frauen in Weiheämtern zulassen. Im Dokument wird vorgeschlagen, für die entlegenen Amazonas-Gegenden die Möglichkeit der Priesterweihe älterer, meist indigener und von ihren Gemeinschaften respektierter Männer zu prüfen, „auch wenn diese schon eine stabile Familie“ hätten.
Bereits im Vorfeld war über die Weihe sogenannter „viri probati“ (bewährter Männer) spekuliert worden, auch Papst Franziskus zeigte sich diesem Modell gegenüber aufgeschlossen. Die Weihe verheirateter Männer sei „ein Weg“, um auf den Priestermangel in Amazonien zu reagieren, sagte Bischof Fabio Fabene vom Synodensekretariat bei der Vorstellung.
Die Bischöfe diskutieren im Herbst zu den aufgeworfenen Fragen und unterbreiten anschließend dem Papst nicht bindende Vorschläge. Ein Hintergedanke für die regional begrenzte Zulassung von viri probati ist, dass indigene Katholiken im Amazonasgebiet, das sich über rund 7,5 Millionen Quadratkilometer und über die Länder Brasilien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam, Venezuela sowie Französisch-Guayana erstreckt, wegen der Entfernungen manchmal nur einmal pro Jahr die Eucharistie feiern können. Kritiker befürchten, die Weihe von verheirateten Männern würde den Weg für die Abschaffung des Zölibats freimachen und als Präzedenzfall weltweit Schule machen. Sie sehen sich bestätigt von der mehrfachen generellen Ankündigung des Papstes, er wolle „Prozesse in Gang bringen“. Der Zölibat sei „ein Geschenk für die Kirche“, heißt es in dem Dokument.
In dem Arbeitspapier mit dem Namen „Amazonien – neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“ ist zudem davon die Rede, dass „einheimische Berufungen von Männern und Frauen“ gefördert werden sollen. Bei ihren Beratungen sollen die Bischöfen im Oktober auch „die Art von offiziellem Ministerium identifizieren, mit dem Frauen betraut werden können“. Dabei solle die „zentrale Rolle“ berücksichtigt werden, die Frauen heute in der Kirche Amazoniens einnehmen. Damit erfährt die innerkirchliche Diskussion über den Diakonat der Frau neuen Stoff.
Papst Franziskus hatte kürzlich zum Abschluss der Arbeit einer Kommission, die die Ursprünge des Frauendiakonats in der Kirche erforschen sollte, die Vertiefung des Themas gefordert. Treibende Kraft hinter der Amazonien-Synode ist der brasilianische Kardinal Claudio Hummes, ein Intimus von Papst Franziskus. Hummes ist Vorsitzender der brasilianischen Bischofskonferenz und war unter Benedikt XVI. bereits Leiter der Kleruskongregation. Er erregte im Jahr 2006 Aufsehen mit der Feststellung, der Zölibat sei „kein Dogma“.
Im März sagte Hummes: „Unternehmen und Interessen sind dabei, Amazonien zu verwüsten. Wir sind Zeugen eines ökologischen Desasters und einer sehr schweren Krise.“ Amazonien sei ein „entscheidender Test“ für die Kirche.