ALEXANDER WEBER
Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand, sagt der Volksmund. Doch im Falle des Maut-Verfahrens gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof war das Urteil trotz des gegenteiligen Plädoyers des Generalanwalts so vorhersehbar wie das Amen in der Kirche. Das Pkw-Mautkonzept des früheren CSU-Verkehrsministers Dobrindt – im Wahlkampf einst als „Ausländer-Maut“ gestartet und dann schönfärbend in „Infrastrukturabgabe“ mutiert – war ein Rohrkrepierer von Anfang an: Das Junktim von Belastung der Ausländer bei gleichzeitiger Entlastung der deutschen Fahrer durch die Hintertür war ein Grundwebfehler des Konzepts.
Insbesondere im reisefreudigen Bayern kann man froh sein über den Richterspruch. In Wien hat man im Falle einer Niederlage in Luxemburg darauf spekuliert, das deutsche Vorgehen zu kopieren: Vignette verdoppeln und Einheimische via Steuer entlasten. Die beliebte Fahrt zum Wandern nach Tirol oder der Wochenend-Trip zum Gardasee wären ein teures Vergnügen geworden. Berufspendeln über Ländergrenzen hinweg sowieso.
Das Urteil ändert allerdings nichts am tatsächlich existierenden Grundproblem: Der Maut-Flickenteppich in Europa passt weder zum Wesen eines Binnenmarkts, in dem gleiche Rahmenbedingungen herrschen sollen, noch ist er gerecht. Ein europäisches Modell, das die nationale Vignetten-Kleberei an den Autoscheiben überflüssig macht und faire Verhältnisse auch für belastete Transitländer wie Deutschland schafft, ist längst überfällig. Das Kriterium für eine Maut darf aber nicht die Nationalität des Fahrzeugs sein, sondern Art und Ausmaß der Straßennutzung.
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