EU-Spitze: Merkel contra Macron

von Redaktion

Wer wird künftig die EU führen? Beim Gipfel ist das längst nicht der einzige Streitpunkt. Aber zumindest bei einem Thema sind sich die 28 Staaten einig.

VON MICHAEL FISCHER, ANSGAR HAASE UND VERENA SCHMITT-ROSCHMANN

Brüssel – Beim EU-Gipfel ist die verbindliche Festlegung auf ein ehrgeiziges neues Klimaziel für 2050 gescheitert. Das von Deutschland unterstützte Datum für den Umbau zur „klimaneutralen“ Wirtschaft wurde nach stundenlangen Debatten am Donnerstag aus der Gipfelerklärung gestrichen und in eine Fußnote verbannt, wie Diplomaten bestätigten. Auch beim Streit um die neue Führung der Europäischen Union war am späten Abend keine Einigung in Sicht. Beschlossen wurde aber die Verlängerung der Russland-Sanktionen.

Die Besetzung der EU-Spitzenposten für die nächsten Jahre war eigentlich Topthema für das Treffen der Staats- und Regierungschefs. Doch die Diskussion über das neue Klimaziel zog sich derart in die Länge, dass der große Postenpoker am Abend noch nicht einmal begonnen hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Erwartungen zum Auftakt des Treffens ohnehin gedämpft.

In der Klimadebatte hatte Frankreich eine Festlegung auf 2050 für die „klimaneutrale EU“ vorgeschlagen, Merkel unterstützte dies ausdrücklich. Doch vor allem Polen wehrte sich mit Unterstützung von Ungarn, Tschechien und Estland gegen das verbindliche Zieldatum.

Auch bei der Besetzung der EU-Spitzenposten schien die Lage zum Auftakt des Gipfels verfahren. Bundeskanzlerin Merkel und Ratschef Donald Tusk dämpften die Hoffnung, dass man sich bei dem zweitägigen Treffen bereits auf ein Personalpaket einigen könnte. „Wir haben noch ein paar Tage Zeit“, sagte Merkel.

Es geht es um die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sowie um vier weitere Ämter: die Präsidenten des Europäischen Rats, des Europaparlaments und der Europäischen Zentralbank sowie die Position der Außenbeauftragten.

Anspruch auf die Juncker-Nachfolge erhebt CSU-Vize Manfred Weber, dessen Europäische Volkspartei (EVP) bei der Europawahl erneut stärkste Kraft geworden ist. Als Kandidaten ihrer Parteien beworben haben sich auch der Sozialdemokrat Frans Timmermans und die Liberale Margrethe Vestager. Die Regierungschefs im Europäischen Rat haben das Recht zur Nominierung, anschließend ist aber eine Mehrheit im EU-Parlament nötig.

Der französische Präsident Emmanuel Macron stellte sich gegen Weber. Aber auch für die anderen Kandidaten ist keine Mehrheit in Sicht. Merkel sagte, nötig sei eine Lösung bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Europaparlaments am 2. Juli. „Wie immer muss man Schritt für Schritt vorgehen.“ Sie betonte, dass ein Konsens mit dem Parlament gefunden werden solle. Der irische Premierminister Leo Varadkar rechnete nach eigenen Worten mit einem Sondergipfel Ende Juni oder Anfang Juli.

Einig waren sich die 28 Staaten immerhin bei der Verlängerung der Wirtschaftssanktionen, die wegen des Ukraine-Konflikts gegen Russland verhängt worden waren. Die EU hatte die Handels- und Investitionsbeschränkungen trotz Milliardenverlusten für heimische Unternehmen zuletzt im Dezember 2018 bis zum 31. Juli 2019 verlängert. Sie sollen nun weitere sechs Monate gelten.

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