Hunt fordert Johnson im Kampf um May-Nachfolge heraus

von Redaktion

Tories küren Kandidaten für Amt des Premiers – Finanzminister warnt vor Auseinanderbrechen Großbritanniens

London – Im Rennen um die Nachfolge für Premierministerin Theresa May tritt Außenminister Jeremy Hunt gegen den haushohen Favoriten Boris Johnson an. Hunt erhielt bei der fünften und letzten Abstimmungsrunde in der Tory-Fraktion am Donnerstag 77 von 313 Stimmen und setzte sich damit gegen Umweltminister Michael Gove durch, der nur zwei Stimmen weniger bekam.

Johnson lag mit 160 Stimmen erneut weit vor seinen Konkurrenten. Er und Hunt treten nun in einer Stichwahl gegeneinander an, bei der die Mitglieder der Konservativen Partei das letzte Wort haben. Bis Ende Juli soll feststehen, wer May als Tory-Chef und Premierminister beerben wird.

„Ich bin der Außenseiter“, räumte Hunt nach der Abstimmung ein. Aber in der Politik würden Überraschungen passieren. Johnson betonte, dass er mehr als die Hälfte der Fraktion hinter sich bringen konnte. Am 9. Juli wollen sich die beiden Kontrahenten einer Debatte beim Fernsehsender ITV stellen.

Die beiden Finalisten sollen sich nun bei etwa 15 regionalen Konferenzen den Tory-Mitgliedern vorstellen. Johnson gilt als überaus beliebt an der Parteibasis. Ihm wird zugetraut, Brexit-Wähler zurückzugewinnen. Hunt hatte beim Brexit-Referendum vor drei Jahren gegen den EU-Austritt gestimmt, kurze Zeit später aber eine Wandlung zum Brexit-Befürworter vollzogen. Viele glauben, dass er sich damit schon in Position bringen wollte für die May-Nachfolge. Als Außenminister gelang es ihm, die europäischen Verbündeten mit ähnlich provokativen Äußerungen gegen sich aufzubringen wie sein Vorgänger Boris Johnson.

Der 55 Jahre alte Johnson will das Abkommen für den EU-Austritt nachverhandeln, was Brüssel aber strikt ablehnt. Sollte das nicht gelingen, will er am 31. Oktober wohl ohne Deal ausscheiden – mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Finanzminister Philip Hammond hat die Kandidaten bereits vor der Abstimmung vor einem Brexit ohne Abkommen gewarnt. Ein ungeregelter EU-Austritt würde die Wirtschaft schädigen, Milliarden Pfund staatlicher Gelder kosten und könnte ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs auslösen, sagte Hammond gestern in London. Dies könnte auch Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn bei Wahlen den Weg in die Downing Street ebnen, warnte der EU-freundliche Hammond. Die Kandidaten für Mays Nachfolge müssten daher einen „Plan B“ vorlegen.

Artikel 9 von 11