Macron stoppt Manfred Weber

Europa: Mehr Geld, weniger Demokratie

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Das war’s dann wohl für Manfred Weber. Die weißblauen Träume vom ersten Bayern auf dem EU-Chefsessel sind nach der Brüsseler Gipfelnacht so gut wie ausgeträumt. Zu vehement war der Widerstand Macrons – und zu groß wäre dessen Gesichtsverlust, als dass er es sich noch einmal anders überlegen könnte. Deutlich wie nie hat Frankreichs Präsident der deutschen Kanzlerin vorgeführt, was es heißt, nicht mehr Gipfelkönigin, sondern eine lahme Ente zu sein. Doch eine solche ist nun auch das europäische Parlament. Europas gewählte Abgeordnete haben sich selbst entmachtet, indem sie sich als zerstrittener Haufen präsentierten. Weil sie keinen gemeinsamen Kandidaten präsentieren konnten, auch nicht Weber als Anführer der stärksten Fraktion, haben sie es den Staats- und Regierungschefs leicht gemacht, das Parlament einfach zu übergehen.

Das Hauen und Stechen um die wichtigsten EU-Posten geht damit erst richtig los. Mal schauen, wie standhaft Angela Merkel den Lockrufen widersteht, als Juncker-Nachfolgerin nach Brüssel zu gehen. Gut denkbar ist, dass Deutschland am Ende mit dem Job des EZB-Präsidenten für Jens Weidmann abgefunden wird (wo er die Scherben zusammenkehren darf, die Mario Draghi hinterlassen hat).

Eines aber wollen wir aus Brüssel und Paris jetzt nicht mehr hören: dass Europa mehr Kompetenzen, eigene Steuern, eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung und so weiter braucht. Das Parlament hat sich selbst ins Aus geschossen und bewiesen, dass es einem europäischen Quasi-Staat an demokratischen Standards fehlt, die für die Nationalstaaten selbstverständlich sind. Angeblich wartet Frankreichs Präsident Macron, der Arme, ja immer noch händeringend auf eine Antwort aus Berlin auf seine tollen Reformpläne. Viel mehr Geld für Brüssel, aber nicht mehr Demokratie? So läuft das nicht, Monsieur Macron!

Georg.Anastasiadis@ovb.net

Artikel 9 von 11