„Die alten Kampfparolen ziehen nicht mehr“

von Redaktion

Unter vereinzelten Widerworten schwört Söder die CSU-Spitze auf einen ökosensiblen Kurs ein

München – Es ist ein Staatsbegräbnis ohne Heuchelei. Mit harten, knappen Sätzen beerdigt Markus Söder nach der Sitzung seines CSU-Vorstands das umstrittene Maut-Konzept, für das die Partei jahrelang verbissen kämpfte. „Historisch beendet“ sei das Thema, sagt Söder: „Ärgerlich. Sechs Jahre Arbeit, eine Menge Geld, viel Schweiß, zwei Verkehrsminister, ein langjähriger Parteivorsitzender.“ Mit der Maut zu scheitern, „das tut der CSU weh“.

Der harte Bruch mit der Maut fällt Söder selbst gar nicht so schwer. Er hatte sich immer schon in kleinen Runden eher skeptisch über das Vorhaben geäußert. Jetzt bindet er die Pleite demonstrativ seinen Parteifreunden Andreas Scheuer, Alexander Dobrindt und Horst Seehofer ans Bein. Der CSU verordnet er eine Denkpause bis September.

Dann wird die Partei, wahrscheinlich auf einer Vorstandsklausur am 6./7. September, ein neues Maut-Konzept entwickeln. Es soll am besten europaweit gelten, vor allem aber ins neue CSU-Umweltkonzept passen. Von einer „Lenkungswirkung“ redet Söder. Die Einnahmen sollen nicht nur in Asphalt fließen, sondern auch in den Ausbau von Bus und Bahn im Nahverkehr.

In der Sitzung verständigt sich die CSU-Spitze auf Eckpunkte für ihre Umwelt- und Klima-Leitlinien. Wer Gebäude energetisch saniert, soll einen Bonus bei der Erbschaft- sowie der Grunderwerbsteuer bekommen. Die Steuer für E-Autos soll reduziert werden, sie sollen in Städten Sonderrechte (Parken, Extra-Spuren) bekommen. Söder steuert einen Umbau der Stromsteuer und eine Verdoppelung der Fotovoltaik in Bayern an. „Klimaschutz ist notwendig“, redet er der CSU ins Gewissen, „die Prozesse werden immer schneller“, die GroKo arbeite zu langsam. Nebenbei bricht er auch mit der alten CSU-Selbstverteidigung aus Seehofers Zeit, Bayern habe in den 70ern das erste Umweltministerium aufgebaut. Als „etwas altväterlich“ kanzelt Söder das ab.

In der Sitzung gibt es Lob, aber auch leichte Rempler für den Chef, berichten Teilnehmer. „Wir müssen uns zu den neuen Grünen eine fundierte Position überlegen“, sagt der Ex-Vorsitzende Erwin Huber, „die alten Kampfparolen ziehen nicht mehr“. Mehrere Redner warnen indes vor einer „Ergrünung“ der CSU. Von einer Koalition mit den Grünen rät Ex-Landesgruppenchef Peter Ramsauer in scharfen Worten ab. Noch kantiger geht Ramsauer den geplanten Kohleausstieg an, heißt es aus der Runde. „Vollkommen falsch im nationalen energiepolitischen Interesse“ sei das, „wir sind verrückt“.

Auch aus der zeitgleich tagenden CDU kommt Widerstand gegen Söders Vorstoß, noch schneller aus der Kohle auszusteigen. Der CSU-Vorsitzende bleibt aber strikt dabei. „Ich bin sicher, dass es viel schneller gehen wird.“

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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