Brüssel/München – Nach dem ergebnislosen EU-Gipfel wird intensiv versucht, die Blockade bei der Besetzung der Brüsseler Spitzenposten zu durchbrechen. Ratspräsident Donald Tusk verhandelte am Montag nacheinander mit den Fraktionschefs der Grünen, der Sozialdemokraten, der Christdemokraten und der Liberalen im Europaparlament. Bewegung war danach nicht erkennbar. CSU-Vize Manfred Weber kämpft weiter um das Amt des Kommissionspräsidenten, doch seine Chancen sind ungewiss.
Die EU-Staats- und Regierungschefs blockieren Webers Anspruch auf die Kommissionsspitze. Auch der Sozialdemokrat Frans Timmermans (wie Weber Spitzenkandidat bei der Europawahl) und die Liberale Margrethe Vestager fanden beim jüngsten Gipfel keine Mehrheit. Der weitere Zeitplan ist eng. Heute Mittag wollen die Vorsitzenden der Fraktionen bei einem außerplanmäßigen Treffen Zwischenbilanz ziehen. Am Sonntag soll ein weiterer Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs über den Personalvorschlag ans Parlament entscheiden.
Möglich ist auch ein Patt: Das Parlament könnte – verärgert über die Missachtung des Spitzenkandidaten-Prinzips – die ersten Personalvorschläge des Gipfels durchfallen lassen. Für die Wahl des Kommissionspräsidenten wären 376 von 751 Stimmen notwendig. Den Zeitdruck verstärkt, dass das Parlament am 2. Juli seinen Präsidenten wählen soll, der Posten ist Teil des Personalpakets um Kommission, Zentralbank, Rat und Außenbeauftragten.
Weber erhält weiter Rückendeckung aus CSU und CDU. Das wurde nach mehreren Telefonaten der Parteispitzen deutlich. CSU-Chef Markus Söder kritisierte Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron scharf, der sich seit Wochen gegen Weber ausspricht. Söder warf ihm eine „klassische europäische Hinterzimmerpolitik des letzten Jahrhunderts“ vor. Indirekt forderte er die Abgeordneten auf, hart zu bleiben. „Ich hoffe, dass das Parlament sich ernst nimmt.“ dpa/afp/cd