Offener Machtkampf in der AfD-Fraktion

von Redaktion

Chefin Katrin Ebner-Steiner hat das Vertrauen weiter Teile der Abgeordneten verloren

München – Die Kunst der offenen Aussprache ist schnell umrissen: Es darf einmal gewaltig scheppern, dann müssen die Konflikte aber vom Tisch sein. So hatte es auch die bayerische AfD-Fraktion geplant, doch seit einer Krisensitzung am Montag ist die Unzufriedenheit gewachsen. Es droht ein offener Machtkampf zwischen der Fraktionsspitze um Katrin Ebner-Steiner und ihren Kritikern.

Offenbar hat die Niederbayerin das Vertrauen großer Teile der Fraktion verloren. Eine Abstimmung unter den 20 Abgeordneten endete mit zehn zu zehn Stimmen – ein Patt, das keines ist. Denn die Stimmen des Vorstandes zählen mit. Einige Abgeordnete werten das Ergebnis daher als Misstrauensvotum.

Der Ausgang der Abstimmung überrascht, einerseits. Denn bisher schien die Gruppe um den ultrarechten „Flügel“, dem Ebner-Steiner und ihre Vorstands-Kollegen Christoph Maier und Richard Graupner nahestehen, eine Mehrheit zu haben. Andererseits ist die Unruhe in der Fraktion seit Wochen groß.

Zwei Austritte und die Beschäftigung NPD-naher Mitarbeiter hatten Unfrieden gestiftet. Zuletzt kam ein interner Prüfbericht hinzu, der dem Vorstand einen verschwenderischen Umgang mit Geld attestiert. Eine der Prüferinnen war die Abgeordnete Anne Cyron. Die Kassenkontrollkommission habe „sehr korrekt gearbeitet“, betont sie. Ebner-Steiner und Co. hätten den Bericht aber als Aufstand gewertet, was eine glatte Diffamierung sei.

Gedanken über eine vorgezogene Neuwahl der Fraktionsspitze gab es aber schon. Das dokumentiert ein sensibler Mail-Austausch zwischen acht Abgeordneten, der am Montag für weiteren Zoff sorgte. Neben dem Rosenheimer Franz Bergmüller gehört auch der Münchner Abgeordnete Uli Henkel zu den Verfassern der Mails. Er sagt: „Wir wollten nicht putschen, sondern auf demokratischem Weg eine Mehrheit für Neuwahlen finden.“

In der Sitzung hätten die ausgedruckten Mails aber plötzlich auf dem Tisch gelegen. Außerdem wurden sie im Internet veröffentlicht. „Meine Mails wurden also mitgelesen, das habe ich für unvorstellbar gehalten“, sagt Henkel. „Das alles sollte wohl eine Stimmung gegen die provozieren, die Neuwahlen wollen.“ Wer dahinter steckt, ist aber noch unklar.

Wenn das Vertrauen vor Montag schon lädiert war, ist es nun wirklich beschädigt. „Die Situation ist eigentlich noch verfahrener als vorher“, sagt der Abgeordnete Andreas Winhart. Es herrsche „absolute Unzufriedenheit“, nun müsse sich Grundsätzliches ändern. Der Ball liege bei Ebner-Steiner. „Aber nach dem Vertrauensbruch mit den geleakten Mails sehe ich ihre Zukunft als Fraktionschefin eher kritisch.“ Franz Bergmüller sagte dem „BR“ mit Blick auf die Vertrauensabstimmung: „Normalerweise würde das bedeuten, dass man selbst zurücktritt.“ Und Henkel betont: „Ich an Ebner-Steiners Stelle würde die Konsequenzen ziehen.“

Die gibt sich aber ziemlich unbeeindruckt. Die Fraktion befinde sich in einem „Klärungsprozess“, erklärt sie schriftlich. Sie sei aber „zuversichtlich, dass wir zu offenen Fragen Lösungen finden werden“. Bleibt die Frage, ob mit oder ohne sie als Fraktionschefin. MARCUS MÄCKLER

Artikel 1 von 11