Zwei freundliche Rivalen

von Redaktion

AKK und Friedrich Merz treffen aufeinander – und drücken sich vor der entscheidenden Frage

Düsseldorf – Annegret Kramp-Karrenbauer, 56, reicht den Herren in den dunklen Anzügen höflich die Hand, nur einen begrüßt sie mit Küsschen links und rechts: Friedrich Merz, ihren einstigen Rivalen um den Parteivorsitz. Bei dieser etwas bemühten Geste der Herzlichkeit steht der 63-Jährige am Eingang des Ständehauses, einst Düsseldorfer Landtag und am Montag Schauplatz eines Talkformats der „Rheinischen Post“.

Geladen ist Kramp-Karrenbauer als Rednerin, mehr als 500 Vertreter aus Politik und Wirtschaft sind gekommen. Am Ende des Abends darf Merz mit auf die Bühne und über Politik räsonieren. Dann erst, nach der einstündigen Rede der CDU-Chefin, kommt Stimmung auf. Der Auftritt bei der NRW-CDU ist für den Sauerländer ein Heimspiel.

Beim CDU-Parteitag Ende 2018 lieferten sich beide ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Parteivorsitz. Am Montag geben sie sich betont freundlich. „Wir verstehen uns auch heute gut“, sagt Kramp-Karrenbauer, die sich damals durchsetzte. Merz trat daraufhin ebenso schnell von der Parteibühne ab, wie er gekommen war. Alles oder nichts, war seine Devise. Es wurde nichts – vorerst.

Und künftig? Diese Frage liegt auch am Montag in der Luft. Angesichts der Turbulenzen bei der SPD scheint ein Bruch der Regierung möglich – dann kämen Neuwahlen schneller als gedacht. Und mit ihnen die Frage nach einem Kanzlerkandidaten.

In der Partei ist bekannt, dass sich Merz für geeignet hält. Öffentlich sagt er das nicht. Die Frage, ob er ein Regierungsamt oder ein Bundestagsmandat anstrebt, bügelt er ab. Und auch AKK weicht der Frage aus, ob sie sich Merz in einem Regierungsamt wünscht. Über das nächste Kabinett entscheide die Person, die dann verantwortlich sei, sagt sie. Zumindest Merz traute sich schon mal weiter vor. Vergangene Woche sagte er in der ARD, wenn ihm AKK die Kandidatur anböte, würde er darüber nachdenken.

Dass Merz überhaupt gehandelt wird, liegt auch an Rückschlägen für die Parteichefin. Die Europawahl war ein Flopp für die CDU, die Umfragewerte sind schlecht. Auch der Umgang mit dem CDU-kritischen Video des Youtubers Rezo wurde ihr angekreidet. In Düsseldorf gibt sie sich einsichtig, sie und die Partei hätten gelernt.

In einem Punkt sind die einstigen Rivalen nicht einer Meinung. AKK hofft, dass die Regierung hält, Merz rechnet mit einem Bruch. „Die Fliehkräfte in dieser Koalition sind unübersehbar, das wird über den Jahreswechsel hinaus nicht gut gehen“, sagt er. Die SPD sei „in einem bedauernswerten desolaten Zustand“. Man müsse aufpassen, „dass wir nicht in denselben Sog hineingeraten.“

Eine Äußerung lässt dann doch aufhorchen. Künftig, sagt Kramp-Karrenbauer, solle die Führung von Partei und Regierung wieder in einer Hand liegen. Das sei der Normalfall gewesen in der Geschichte – „und es spricht vieles dafür, dass das auch in Zukunft der Normalfall sein sollte“. Würde die Partei sich dafür aussprechen, könnte das Rückenwind sein für die aktuelle Chefin. Merz gibt sich bei diesem Thema eher schmallippig. Er sei kein Politiker, sagt der Jurist: „Jedenfalls jetzt nicht.“ WOLF VON DEWITZ

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