Die Art und Weise der Rückkehr Russlands als vollwertiges Mitglied in den Europarat ist ein Musterbeispiel dafür, wie internationale Gremien sich selbst ad absurdum führen, wenn sie ihre eigenen Regeln und Werte nicht ernst nehmen. Russland war 2014 das Stimmrecht entzogen worden als Strafe dafür, dass es mit der Annexion der Krim gegen fundamentale Werte des Gremiums verstoßen hatte. Ein klares Signal.
Jetzt dürfen Moskaus Emissäre jedoch wieder an der Straßburger Versammlung teilnehmen. Weil die Sanktionsgründe weggefallen sind? Mitnichten. Sondern weil der Europarat sich vom Kreml mit Geld hat erpressen lassen und, um der Peinlichkeit die Krone aufzusetzen, sich auch noch dessen Bedingungen gebeugt hat. Der deutsche Außenminister Maas begründete das damit, dass so russische Bürger die Möglichkeit hätten, sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Recht zu verschaffen. Und dass Berlin den Kreml-Herrn schon mahnen werde, seine Verpflichtungen einzuhalten. Naiver geht es nicht.
Es gibt ein krasses Missverhältnis zwischen der Vielzahl russischer Klagen vor dem EGMR, ihrem öffentlichen Echo im Westen – und ihrer Wirksamkeit in Putins Reich. 2015 hat sich Moskau gesetzlich vorbehalten, selbst zu entscheiden, ob Urteile des EGMR umgesetzt werden oder nicht. Trotzdem darf man wieder mitmischen. Fazit: Gewalt und Rechtsbruch lohnen sich, wenn man einen langen Atem hat. Schöne Aussichten.
Alexander.Weber@ovb.net