Rom – Sie hat die Kraftprobe gewagt. Nun wird sie die Konsequenzen tragen müssen. Carola Rackete, die erst 31-jährige Kapitänin der „Sea Watch 3“, hat sich den Warnungen widersetzt und ist ohne Genehmigung in den Hafen der Insel Lampedusa eingelaufen. Das Rettungsschiff mit 42 aus lybischen Lagern geflüchteten Afrikanern an Bord wurde von der Küstenwache festgesetzt; die Justiz hat eine Untersuchung eingeleitet.
Während ein erheblicher Teil von Politik und Medien die deutsche Aktivistin als Heldin feiern, die in einer humanitären Zwangslage mutig gehandelt habe, schäumen Innenminister Salvini und seine rechtsnationalen Anhänger. Der Lega-Chef bezeichnete das Einlaufen als „feindseligen Akt“. Die Neofaschisten, die mit Salvini die nächste Regierung bilden wollen, fordern gar die „Versenkung“ der Sea Watch. Dagegen flog eine Delegation der Oppositionsparteien nach Lampedusa, um die drohende Festnahme der Besatzung und eine Rückverbringung der Flüchtlinge nach Libyen zu unterbinden.
Diese harren noch immer auf Deck des Rettungsschiffes aus und werden dort medizinisch versorgt. Von Bord zu gehen, wurde ihnen strikt untersagt. „Die werden keinen Fuß auf italienisches Territorium setzen“, bekräftigte Salvini in einer Pressekonferenz seine harte Haltung. Man sei nicht das Auffanglager Europas. Zudem kündigte er an, an der Landgrenze zu Slowenien eine „Mauer“ errichten zu wollen.
Angesichts der wüsten Drohungen aus Rom sehen Beobachter keine rasche Lösung der verfahrenen Situation. Statt einer langen Hängepartie müsse nun die europäische Diplomatie eine Lösung finden, forderten Spitzenpolitiker der Opposition. Im Hintergrund, so heißt es, übe das römische Außenministerium Druck auf Deutschland und die Niederlande aus, die Menschen aufzunehmen. Doch sowohl Berlin als auch Den Haag zeigen bisher wenig Neigung, sich ausgerechnet vom Poltergeist Salvini erpressen zu lassen. INGO-MICHAEL FETH