Trump wettert gegen Deutschland

von Redaktion

Kriegsgefahr am Golf, erbitterter Handelsstreit zwischen den USA und China, tiefe Differenzen beim Mega-Thema Klimaschutz: An Konfliktstoff mangelt es beim G20-Gipfel in Japan nicht. Ein Teilnehmer macht seinem Ärger schon vorher Luft.

VON ANDREAS LANDWEHR, ANSGAR HAASE, LARS NICOLAYSEN UND MICHAEL FISCHER

Osaka – An die Schimpftiraden von Donald Trump vor wichtigen Gipfeltreffen hat man sich inzwischen gewöhnt. Diesmal traf sein Zorn wieder einen engen Verbündeten, der trotzdem sein Lieblingskontrahent in Europa ist: Deutschland. Der Nato-Partner nutze die USA aus, indem er Russland „Abermilliarden Dollar für Energie“ bezahle und zugleich darauf baue, von den USA beschützt zu werden, sagte er vor seinem Abflug nach Japan in einem Interview des Fernsehsenders „Fox News“. „Sie bezahlen einen potenziellen Feind.“ Beim Thema Handel ging Trump die Europäische Union sogar härter an als China: „Europa behandelt uns schlechter als China.“

Der US-Präsident läuft sich also warm für einen G20-Gipfel, der jede Menge Konfliktstoff birgt. Aber nicht nur: Erstmals seit Monaten deutet sich im Handelsstreit zwischen den USA und China wieder Bewegung an. Beide Seiten haben sich nach einem Pressebericht offenbar auf einen „vorläufigen Burgfrieden“ und eine Wiederaufnahme der festgefahrenen Handelsgespräche geeinigt. Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wollen sich am Samstag am Rande des Gipfels treffen, um einen Ausweg aus ihrem seit einem Jahr anhaltenden Handelskrieg zu finden.

Vor dem zweitägigen Gipfel gab es neue Sorgen um die Gesundheit von Kanzlerin Angela Merkel. Wie schon vor neun Tagen hatte Merkel bei einem öffentlichen Auftritt in Berlin wieder angefangen, am ganzen Körper zu zittern (siehe „Weltspiegel“-Seite). An ihrer Reise nach Osaka änderte das nichts – gestern Nachmittag flog sie ab. Merkel will am Rande des Treffens seit langem wieder mit Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentreffen.

Der US-Präsident traf an Bord der Regierungsmaschine Air Force One bereits auf dem Flughafen der japanischen Wirtschaftsmetropole ein. Er will sich am Rande des Gipfels mit neun Staats- und Regierungschefs zu bilateralen Gesprächen treffen, darunter Putin. In Osaka wird Trump auch den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen, der einem UN-Bericht zufolge im Verdacht steht, von der brutalen Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi zumindest gewusst zu haben. Vor dem Gipfel zeigten sich massive Differenzen unter den großen Wirtschaftsmächten. Ob es am Ende ein gemeinsames Kommuniqué geben wird, ist nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen ungewiss. Strittig sind besonders die Themen Handel und Klima. Die Unterhändler kämpften um den Text der gemeinsamen Erklärung. Es sei diesmal „besonders schwierig“. Eine Quelle berichtete am Abend, es gebe erste Fortschritte, aber noch lange kein gemeinsames Papier. „Wir haben wahrscheinlich zwei lange Nächte mit Diskussionen vor uns.“

Der Handel und die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) sind auch Streitthemen auf dem Gipfel. Die USA wehren sich weiter dagegen, eine Absage an den Protektionismus in das Kommuniqué aufzunehmen, weil damit die Strafzölle der USA gemeint sein können, die Trump als Werkzeug seiner Politik einsetzt. Die anderen G20-Mitglieder wollen sich vor allem für einen „regelbasierten Handel“ einsetzen, um auch die Rolle der WTO hervorzuheben, deren Arbeit von den USA kritisiert wird.

Umstritten ist auch wieder der Klimaschutz, da Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen war. Wie bei den letzten beiden G20-Gipfeln könnte der Dissens im Kommuniqué festgehalten werden. Zuletzt hatten sich zumindest die restlichen 19 Teilnehmer klar verpflichtet, den Aktionsplan zum Klimaschutz umzusetzen. Die Türkei und Russland haben das Pariser Abkommen noch nicht ratifiziert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will nicht hinter frühere Bekenntnisse der G20 zurückfallen. Er droht damit, das Kommuniqué sonst nicht mittragen zu wollen.

Die „Gruppe der 20“ vereint zwei Drittel der Weltbevölkerung und 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Ihr gehören die EU und 19 führende Wirtschaftsnationen an: Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei und die USA.

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