Im Hintergrund lauert die CSU

von Redaktion

Die Personalie von der Leyen sorgt für viel Unruhe. Während sich die Wogen in Berlin wieder etwas geglättet haben, brodelt es an der CSU-Basis. Und ein SPDler sägt nach wie vor an der Großen Koalition.

VON HAGEN STRAUSS

Berlin – Nach der Nominierung Ursula von der Leyens (CDU) für das Amt der EU-Kommissionschefin schauten viele auf die empörten Sozialdemokraten, dabei lauert im Hintergrund noch eine ganz andere Gefahr für Kanzlerin Angela Merkel: die CSU. An ihrer Basis ist offenbar die Hölle los – speziell in Niederbayern, wo Manfred Weber seine Heimat hat.

Die Christsozialen sind entsetzt darüber, was ihrem so hoffnungsvollen Kandidaten widerfahren ist. Dass Weber vorerst keine herausragende Rolle auf dem Brüsseler Parkett spielen wird, „versteht man an der Basis nicht“, so ein CSU-Mann. Man werde jetzt viel zu erklären haben.

Die CSU holte in Niederbayern stolze 57 Prozent, die Wahlbeteiligung im Freistaat stieg bei der Europawahl um sage und schreibe 20 Prozent auf über 60 Prozent. Ein Weber-Effekt, wie man in der Partei glaubt. Und nun geht er leer aus. Die neue Europabegeisterung sei durch das Personal-Geschacher in Brüssel wieder dahin, heißt es.

Wer die CSU kennt, der weiß: Sie vergisst nicht. Zwar will man trotz aller Enttäuschung die Nominierung von der Leyens vorbehaltlos unterstützen. Allerdings macht hinter den Kulissen schon das Wort von der „Kompensation“ die Runde und von Wiedergutmachung. Merkel wird sich womöglich etwas einfallen lassen müssen.

Manche in Berlin sehen aber auch eine Mitverantwortung der CSU. Ministerpräsident Markus Söder habe mit seiner Kritik an der Hinterzimmerpolitik zwar recht, sagte der Vize-Fraktionschef der FDP, Michael Theurer, unserer Zeitung. Weber sei aber „auch ein Opfer der Anti-Europapolitik seiner eigenen Partei geworden“. Söder habe „in der Migrationspolitik einen Anti-Europakurs hart an der Grenze zum Rechtspopulismus“ gefahren – und so auch Weber beschädigt.

Es sind schwere Zeiten für die GroKo in Berlin, wieder einmal. Mit Unverständnis blickt man von Unions-Seite auf die SPD. 27 Staats- und Regierungschefs hätten der Personalie von der Leyen zugestimmt. Dass sich gerade die Kanzlerin wegen der Genossen habe enthalten müssen, sei „peinlich“, so ein führender CSU-Politiker. Die Stimmung im Bündnis ist im schwarz-roten Keller.

Allerdings ebbte die Empörungswelle am Donnerstag ab, kein Sozialdemokrat wollte mehr vom raschen Ende der Koalition reden. Wie so oft in den letzten Monaten könnte nun Juso-Chef Kevin Kühnert Dreh- und Angelpunkt bei der SPD werden. Er sprach von einer Belastung für das Bündnis durch die Nominierung von der Leyens. Der Vorgang trage nicht dazu bei, „dass es die Große Koalition am Ende des Jahres noch gibt“, prognostizierte der Juso in einem Interview.

Bei der geplanten GroKo-Halbzeitbilanz, spätestens auf dem Parteitag der Sozialdemokraten im Dezember, soll die Personalie von der Leyen nun eine Rolle spielen. Dem Vernehmen nach wird bereits an einer „Negativ-Liste“ für den Konvent gearbeitet – mit all den Dingen, die mit der Union nicht zu machen gewesen oder die schlecht in der Koalition gelaufen sind.

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