Politik robbt sich an ihr Ziel heran

Die gute Klima-Steuer

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Die Wirtschaftsweisen stellen der Bundesregierung zum Ferienbeginn kein gutes Zeugnis aus: Die Deutschen zahlen die weltweit höchsten Energiepreise – aber die Große Koalition hinkt den zugesagten Klimazielen notorisch hinterher. „Kleinteilig, teuer, ineffizient“, urteilen die Experten über die Berliner Klimapolitik. Statt entschlossen den Kampf gegen die Treibhausgase aufzunehmen, die Forscher für den Klimakiller Nummer 1 halten, haben sich Angela Merkel & Co. an der Atomenergie abgearbeitet.

Die Energiewende hat einen dreistelligen Milliardenbetrag verschlungen – das Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie schätzt die Kosten bis 2025 auf 520 Milliarden Euro –, aber sie hat nur wenig zur Reduktion der Emissionen beigetragen. Dieser Irrtum wird die Bundesbürger teuer zu stehen kommen. Der Sachverständigenrat lässt in seinem gestern veröffentlichten Gutachten keinen Zweifel daran, dass an der zusätzlichen Bepreisung von Kohlendioxid kein Weg vorbeiführt. Gestritten wird nur noch über das Wie.

Die Wirtschaftsweisen favorisieren im Grundsatz den internationalen Emissionsrechtehandel. Er hat gegenüber der CO2-Steuer einen bestechenden Vorteil: Europas Regierungen können auf die Tonne genau festlegen, wie viel Verschmutzungsrechte welches Land erhält. Welcher Industriezweig wie viel davon in Anspruch nehmen darf, hängt von seiner Zahlungsbereitschaft ab: Wer CO2-effizientere Techniken einsetzen kann, wird diese entwickeln, statt teure Rechte zu erwerben. Der Markt weist so den Weg zur effizientesten Form der CO2-Einsparung. Die staatlich festgesetzte Steuer kann das nicht: Kein Mensch weiß, wie viele Pendler ihr Auto stehen lassen (können), wenn der Preis für den Liter Benzin oder Diesel um zunächst 10 Cent steigt, wie jüngst von SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze gefordert. Ohne Verzicht aber ist dem Klima nicht zu helfen. Wer wohlhabend ist, zahlt die höheren Spritpreise für seinen SUV ohnehin ohne mit der Wimper zu zucken. Das hilft dem guten Gewissen. Stellt sich der erhoffte Verzicht aber auch bei den stärker preissensiblen Normalverdienern nicht ein, muss in zwei Jahren noch mal an der Preisschraube gedreht werden – solange, bis das CO2-Einsparziel erreicht ist. Oder die Bürger auf die Barrikaden gehen, weil sie feststellen, dass die von den Politikern versprochenen Schecks für sozial Schwache doch nicht so üppig ausfallen.

Trotzdem brauchen auch Wirtschaftsweise keine hellseherische Gabe, um zu ahnen, dass die CO2-Steuer im September beschlossen wird. Weil sie für die Regierung praktisch ist: Sie enthebt die Kanzlerin der Notwendigkeit, in langwierigen Verhandlungen zu Übereinkünften mit den EU-Partnern zu kommen. Im nationalen Alleingang lässt sich, wie schon in der Atom- und der Asylpolitik, zudem die moralische Überlegenheit deutscher Politik ein weiteres Mal trefflich demonstrieren. Und mal Hand aufs Herz: Die Wirtschaft stottert, die Steuerquellen sprudeln nicht mehr so üppig; welcher Politiker könnte da widerstehen, wenn die Bürger, angeführt von Greta und ihren Jüngern, geradezu um höhere Steuern betteln – dem Klima zuliebe?

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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