Schlammschlacht in der Arbeits-Agentur

von Redaktion

Verwaltungsrat beruft Holsboer ab – Auch Gewerkschafts-Seite stimmt gegen Personalchefin

Nürnberg – Die bisher einzige Frau im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit muss vorzeitig ihren Posten räumen. Eine Mehrheit des Verwaltungsrats der Bundesagentur beschloss am Freitag die Abberufung der Finanz- und Personalchefin Valerie Holsboer (42) nach nur zwei Jahren im Amt. Viele Beschäftigte hatten mit der Managerin große Hoffnungen auf einen Kulturwandel in der Mammutbehörde verbunden. Doch Arbeitgeber im Verwaltungsrat waren unzufrieden mit der Arbeit der Vorstandsfrau.

Die Gewerkschaften folgten offenbar ohne Zögern, um ihrerseits ungestört Personalwünsche durchsetzen zu können. Nach Berichten aus Teilnehmerkreisen stimmten die jeweils sieben Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter geschlossen für Holsboers vorzeitige Abberufung (also auch der bayerische Wirtschafts-Chef Bertram Brossardt). Dem Votum muss noch formal die Bundesregierung zustimmen. Von dort, aus dem Kanzleramt sogar, kam zuletzt scharfe Kritik: CSU-Digitalministerin Dorothee Bär kritisierte den Umgang mit Holsboer ungewöhnlich scharf.

Der Fünf-Jahres-Vertrag wäre regulär erst im Jahre 2022 ausgelaufen. Holsboers vorzeitige Abberufung war nach Informationen aus dem Umfeld des Verwaltungsrats vor allem von der Arbeitgeberseite betrieben worden. Insbesondere der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Peter Clever, ist dem Vernehmen schon länger mit Holsboers Arbeit unzufrieden. Er hatte sie selbst für die Position im von Detlef Scheele geführten Vorstand vorgeschlagen, sei aber schon bald von ihrer Arbeit enttäuscht gewesen. So habe die Volljuristin den Umbau in Zeiten des Strukturwandels nicht schnell genug vorangetrieben.

In einer Erklärung bedauerte Clever, „dass die von der Arbeitgebergruppe angebotenen Gespräche um eine einvernehmliche Lösung von ihr abgelehnt wurden“. Nun gelte es, sich wieder auf die Aufgaben der BA zu konzentrieren und nach vorn zu blicken. Längst überfällig sei unter anderem die Qualifizierung der Mitarbeiter für neue anspruchsvolle Beratungsaufgaben. Clever ist zugleich Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Nicht näher ging hingegen die derzeitige Vorsitzende des Verwaltungsrats, Annelie Buntenbach, auf die Hintergründe des Konflikts zwischen Arbeitgebern und Holsboer ein. Das Mitglied im DGB-Bundesvorstand beschränkte sich in ihrer Erklärung darauf festzustellen: „Wenn die Arbeitgebergruppe im Verwaltungsrat der BA das Vertrauen zu dem von ihr selbst vorgeschlagenen Mitglied im BA-Vorstand für unwiderruflich zerrüttet erklärt, ist keine tragfähige Grundlage für die weitere Arbeit des Vorstandes mehr gegeben.“

Nach langjähriger Gepflogenheit ist es im Verwaltungsrat üblich, dass beide „Bänke“ die Personalentscheidungen der jeweiligen anderen Seite akzeptieren.

Die vorzeitige Abberufung hatte sich nach einem erbitterten Machtkampf zwischen Kritikern und Unterstützern der 42 Jahre alten Volljuristin bereits seit Wochen abgezeichnet. Beide Seiten hatten sich dabei in Medienberichten Unredlichkeit im Umgang mit der jeweils anderen Seite vorgeworfen. Am Freitag wurden zuletzt via „Bild“ Vorwürfe publik, der Verwaltungsrat, namentlich Clever, habe überzogene Spesen abgerechnet; der Bundesrechnungshof habe sich deshalb bereits eingeschaltet.

In einer Online-Petition haben sich mehr als 1200 Mitarbeiter für Holsboers Verbleib an der BA-Spitze ausgesprochen – vergeblich. K. TSCHARNKE/C. DEUTSCHLÄNDER

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