50 Jahre Mondlandung

Wo sind die Visionen?

von Redaktion

FRIEDEMANN DIEDERICHS

Die ersten Schritte von Neil Armstrong auf dem Mond, das Setzen der US-Fahne. Wer – wie der Autor – diese Augenblicke vor 50 Jahren verfolgte, dürfte auch noch wissen, wie damals die „Apollo 11“-Mission die Menschen weltweit vereinte in der Hoffnung auf eine gesunde Rückkehr der Weltraum-Abenteurer. In einer kleinen italienischen Pension an der Riviera saß ich als Jugendlicher mit meiner Familie und anderen Gästen beim Frühstück, als der Fernseher die leicht unscharfen Schwarzweißbilder übertrug. Die Wirtin rief immer wieder ungläubig „Mamma Mia!“, als sich die Grenzen der irdischen Existenz verschoben. Die Welt feierte diesen „gigantischen Sprung“, wie es Armstrong mit seinen historischen Worten sagte. Und bewunderte die Ingenieurskunst, die Risikobereitschaft und die Beharrlichkeit der USA. An diesem Tag waren die meisten Erdenbürger für einige Stunden auch Amerikaner.

Heute, ein halbes Jahrhundert später, haben sich viele Parameter und Herausforderungen verschoben. Die Erde sieht sich durch die globale Erwärmung mit einer immer akuteren existenziellen Krise konfrontiert. Weltraum-Programme werden heute vor allem unter dem Aspekt diskutiert, ob die enormen Kosten den möglichen Ertrag an neuem Wissen rechtfertigen. Und die USA zeigen sich als eher schüchterne technologische Supermacht, die seit acht Jahren kein Raumschiff mehr in eigener Regie bemannt hat. Zwar hat auch US-Präsident Trump neue Missionen zum Mond und später Mars als Ziele definiert. Doch die Absichtserklärungen klingen nicht so glaubhaft-kraftvoll wie die Worte John F. Kennedys, der einst sagte: „Wir haben uns entschlossen, in diesem Jahrzehnt zum Mond zu fliegen und andere Dinge zu tun – nicht weil sie leicht sind, sondern weil sie hart sind.“

Doch eine einigende Vision ist heute nicht zu erkennen. Stattdessen gewinnen Spaltungstendenzen, Migrationskonflikte und die Tendenz zu unilateralem Handeln in Washington an Kraft – und verdrängen den Mut zu visionärem Denken, wie es die Apollo-Ära prägte. Heute wäre ein guter Tag, wieder einmal in Richtung Mond zu blicken, wo die Stiefelabdrücke von Neil Armstrong immer noch im Staub existieren, unberührt vom Lauf der Zeit und den Veränderungen auf der Erde. Der Blick nach oben könnte zu einem Blick nach vorn werden – gestützt von der Idee, dass sich der Drang nach Fortschritt und der Versuch, auch hart zu überwindende Hürden zu nehmen, nicht nur auf unsere Erde beschränken dürfen.

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