Die SPD greift AKK an

von Redaktion

Annegret Kramp-Karrenbauer wird als Verteidigungsministerin vereidigt, und zwei Drittel der Abgeordneten unterbrechen ihren Urlaub. Sie setzt zwei kräftige Akzente, bekommt viel Beifall, erntet aber auch Kritik. Die deutlichste kommt ausgerechnet vom Koalitionspartner.

VON STEFAN VETTER UND WERNER KOHLHOFF

Berlin – „Eben war ich noch in T-Shirt und kurzer Hose“, witzelt Dietmar Bartsch. Der Fraktionschef der Linken ist aus Prerow an der Ostsee angereist. Bartsch ist dort zuhause, macht aber gerade Urlaub. Auch Johannes Kahrs, Haushaltsexperte der SPD, hat es von der Küste kurzfristig nach Berlin geschafft. Seine Ferien auf Wangerooge sollten eigentlich vier Tage länger gehen. „Aber ich bin Oberst der Reserve“, schon deshalb müsse er dabei sein.

Es ist nichts erste Mal, dass die Bundestagsabgeordneten in der Sommerpause in die Hauptstadt beordert werden. Zuletzt, als es um Milliarden-Hilfen für Griechenland ging. Nun ist es die Vereidigung von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Verteidigungsministerin, die nach Auffassung von Verfassungsrechtlern zeitnah geschehen muss.

Die meisten Abgeordneten nehmen es gelassen. Manche sind auch neugierig. Schließlich trifft man sich nicht wie gewohnt im Plenarsaal des Reichstags (dort wird gebaut), sondern im Foyer des Paul-Löbe-Hauses nebenan. Das parlamentarische Provisorium ist 165 Meter lang und ziemlich schmal. Jede Fraktion hat im Schnitt immerhin zwei Drittel ihrer Leute an Bord. So halten sich die Lücken auf den 709 Sitzen in Grenzen.

Ihre erste Regierungsklärung trägt die Saarländerin souverän vor. An manchen Stellen ihrer 20-minütigen Rede wird ihre Stimme regelrecht laut und fest – vor allem beim Geld. Hier setzt sie den deutlichsten Pflock: „Wenn die Bundeswehr die Fähigkeiten haben soll, die wir von ihr verlangen, dann muss der Verteidigungshaushalt weiter ansteigen, dann brauchen wir 1,5 Prozent bis 2024“.

Das gibt großen Beifall bei der Union, auffälliges Schweigen bei der SPD und kritische Rufe bei den Linken. Ebenso ist es, als sie bekräftigt, zu dem in der Nato vereinbarten Ziel zu stehen, mittelfristig zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. „Wir wissen, auf welcher Seite des Tisches wir sitzen“, ruft sie aus.

Den zweiten neuen Akzent setzt die Ministerin mit dem Bekenntnis zum Soldatenberuf an sich. Sie möchte, dass es zum Geburtstag der Armee am 12. November in allen Bundesländern öffentliche Gelöbnisse gibt, „auch hier vor dem Reichstagsgebäude“. Entsprechende Briefe an die Ministerpräsidenten habe sie geschrieben.

Es ist erstaunlicherweise die SPD, die die ersten Gehversuche am massivsten auszukontern versucht. Fraktionschef Rolf Mützenich ist freundlich im Ton („Wir wünschen Ihnen Kraft und Konzentration“), aber knallhart in der Sache. Das fängt damit an, dass man sie auch daran messen werde, ob sie die Berateraffäre aufkläre. Es folgt die Bemerkung, AKK hätte sich besser die Zeit genommen, Schwachstellen im Ministerium zu erkennen, statt gleich mehr Geld zu fordern. Und es endet mit der Absage an eine weitere Teilnahme der Luftwaffe am Anti-IS-Einsatz in Syrien. Bündnispolitische Erwägungen könnten allein kein Teilnahmegrund sein, erst recht, „seit ein Rassist im Weißen Haus sitzt“.

Da müssen die Oppositionsparteien eigentlich nicht mehr viel machen. Außer, wie Christian Lindner (FDP), Mützenich für die Beschimpfung Trumps zu rügen. Wie er nimmt auch Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger AKK gegen Angriffe in Schutz, sie habe keine Ahnung von Verteidigung. Auch weil AfD-Redner Rüdiger Lucassen sie zuvor als „Novizin“ bezeichnet hat.

Ulla Jelpke von den Linken spricht später von einer „Showveranstaltung“, und SPD-Mann Kahrs hadert mit Kramp-Karrenbauers Antrittsrede. „Das war dünn, was die wirklichen Probleme der Bundeswehr angeht.“ AKK’s erste Dienstreise geht anschließend nach Celle zu einem Truppenbesuch. „Ich habe heute schon viel über die Bundeswehr gehört, und ich will mir das jetzt alles vor Ort anschauen.“

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